Der 1. Weltkrieg - WK I - WW I


Nach einer politischen Schwüle und Spannung, die schon jahrelang ganz Europa beherrscht hatte, war es schließlich gleichgültig, welcher Funke das Pulverfass zum Auffliegen bringen werde. Auch nach der Beendigung des blutigen Ringens, konnte man nicht behaupten, dass eine oder die andere Macht oder führende Persönlichkeit allein für den Ausbruch des 1. Weltkrieges verantwortlich gewesen wäre. Die Friedensverträge, die geschlossen wurden standen von Anfang an auf tönernen Füßen und trugen den Keim des zweiten Weltkrieges in sich.

Die interessantesten Stimmen über die Ursachen des Weltkrieges sind wohl die von Historikern und Staatsmännern aus den ehemals feindlichen Ländern: Der in den 1920er Jahren bedeutendste lebende englische Historiker Groach erklärte vor der Historian Association in Cambridge: ,,Wenn ich sage, daß es größter Unsinn ist, zu behaupten, Deutschland habe eine friedliche, nichtsahnende Welt mit Krieg überfallen, so spreche ich nicht als Deutschenfreund, sondern als jemand, der die Tatsachen studiert hat. Der Antagonismus, der zwischen uns und Deutschland wegen der Flotten bestand, die alte Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland wegen der Rheinprovinzen Elsaß-Lothringen und die deutsch-österreichische Rivalität mit Rußland um die erste Stelle aus dem Balkan und in der Türkei, das waren die unmittelbaren drei Ursachen einer der größten Tragödie der Welt.«

Professor Headlam-Morley, Geschichtslehrer in Cambridge, hat in der „Contemporary Review“ erklärt, kein Mensch in verantwortlicher Stellung in England glaube die Lüge, daß Deutschland absichtlich das Verbrechen begangen habe, den Krieg herbeizuführen, um Europa zu beherrschen. Es sei absoluter Unsinn, Deutschland zu beschuldigen, daß es eine friedliebende Welt mit den Schrecken eines Krieges überfallen habe.

Nun noch ein Amerikaner: ,,Haben Sie je gehört, was den gegenwärtigen Krieg zum Ausbruch gebracht hat? Wenn ja, dann teilen Sie es der Öffentlichkeit mit, denn niemand sonst weiß es. Soweit ich feststellen kann, liegt keine einzelne bestimmte Ursache vor, sondern Gründe allgemeiner Natur. Das Aufkommen eines gegenseitigen Mißtrauens in Europa, ein Austausch von Mutmaßungen, was diese und jene Regierung plane, ein Netz von Bündnissen und Abreden, ein dichtes Gewebe von Ränken und Spionage dies alles zusammen hat die Völkerfamilie jenseits des Ozeans in ihre Maschen verstrickt. Dieser Amerikaner war Präsident Wilson; und diese Worte hat er in einer Wahlrede in Cincinnati am 26. Oktober 1916 gesprochen.

Nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien traten in ganz kurzen Intervallen die anderen Mächte, Deutschland, Rußland, Frankreich, England, Belgien, Montenegro in den Kampf ein und es war schon in den ersten Wochen klar, dass es diesmal ums Ganze ging. Bald verstummten auch jene Propheten, die ein baldiges Ende des Krieges vorhergesagt hatten. Unser Vormarsch gegen Rußland geriet ins Stocken und wurde von einem überhasteten Rückzuge abgelöst, so dass gegen Ausgang des Jahres 1914 selbst unsere engere österreichische Heimat in Gefahr schwebte, von den russischen Massen überflutet zu werden. Auch die Offensive gegen Serbien endete mit einem Misserfolg.

Beide Vorstöße hatten nicht bloß eine ungeheure Zahl unserer besten Krieger verschlungen, sondern außerdem besonders an der ausgedehnten russischen Front ungezählte Mengen des kostbarsten technischen Kriegsmaterials und der in unserer Lage noch wichtigeren Verpflegsartikel gekostet. Doch in der gefährlichsten Periode des Krieges, im Winter 1914 auf 15, hielten unsere dezimierten Truppenteile in Westgalizien und in den Karpathen den Massenstürmen der Feinde mit todesverachtender Tapferkeit stand. Sie ermöglichten dadurch unserer Heeresleitung die Neuorganisation unserer Armee, die Ausbildung der frisch ausgehobenen Truppen, die technische Vervollkommnung der Ausrüstung, die Einrichtung der Verpflegung des Heeres und der Zivilbevölkerung. Deutschland hatte den strategischen Plan, bei Beginn des Krieges sich an der russischen Front zu verteidigen, in der Annahme, daß die russische Mobilisierung sehr langsam vor sich gehen werde, dagegen Frankreich, in vehementem Anlauf mit überlegenen Kräften niederzurennen. In stürmischem Vordringen gelangten auch die deutschen Armeen tief nach Frankreich nahe an Paris, wurden aber Mitte September an der Marne zum Stehen gebracht und mußten sogar zurückgehen, um günstigere Situationen für den nun unvermeidlichen Stellungskrieg zu schaffen.

Dieser strategische Plan des deutschen „Großen Generalstabes“ war der tiefere Grund, weshalb der mit ungenügenden Mitteln unternommene Vorstoß der Österreicher gegen Rußland von vornherein zur Erfolglosigkeit verurteilt war, hatte doch die deutsche Heeresleitung dabei nicht genügend in Rechnung gestellt, daß die russische Mobilisierung schon bei Kriegsbeginn zu einem hohen Grad der Schlagfertigkeit gediehen war. Nun war es unvermeidlich, den unter den damaligen Verhältnissen gefährlicheren, weil stärkeren Feind im Osten in seine Schranken zu weisen. Hindenburg erzielte in wenigen Wochen an den masurischen Seen einen überwältigenden Erfolg, Mackensen und Hötzendorf nach dem Durchbruch von Gorlice im monatelangen, fast ununterbrochenen Vormarsch über ganz Galizien hinaus bis tief in das russische Gebiet hinein eine langandauernde Schwächung des russischen Kolosses.

Unterdessen war Italien in den Krieg eingetreten und Österreich-Ungarn musste sich sowohl dort, als auch auf dem serbischen Kriegsschauplatze auf die Verteidigung beschränken.

Im Oktober 1915 begann unter der Oberleitung des Feldmarschalls Mackensen der Vormarsch gegen Serbien, der im Verein mit den bulgarischen Truppen. In verhältnissmäßig kurzer Zeit ganz Serbien und Montenegro mit großen Teilen von Albanien und Mazedonien in österreichischen Besitz brachte. Serbien war von nun an praktisch als Gegner ausgeschaltet, wenn auch ein großer Teil der k.k. Truppen dort an den ausgedehnten Fronten gebunden war.

Die Italiener und Russen, versuchten inzwischen in vergeblichen Vorstößen mehrmals, die serbische Front zu entlasten.

Den Engländern war es unter dem Schutze der gewaltigen Kriegsflotte trotz der Beunruhigung durch die deutschen Unterseebote gelungen, starke Truppenverbände in Frankreich zu landen und ausgedehnte Frontteile zu übernehmen. Die deutsche Offensive gegen Verdun im Februar 1916 endete mit nicht ausschlaggebenden Teilerfolgen. Im Mai 1916 unternahm die österreichische Heeresleitung in Südtirol gegen die italienische Front einen Angriff, dessen vielversprechenden Anfangserfolge aber wegen der russischen Brussilow-Offensive nicht ausgebaut werden konnten, weil bedeutende Truppenmengen zur Unterstützung unserer weichenden russischen Front abgegeben werden mussten. Anfang August 1916 war unsere rückgängige Bewegung in Galizien in der Hauptsache beendet.

Wie ein Aasgeier stürzte sich nun Rumänien auf die vermeintlich in den letzten Zügen liegenden Mittelmächte und fand auch anfänglich auf seinem Vormarsch in Siebenbürgen wenig Widerstand. Bald sollte es erkennen, daß der Löwe noch nicht zu Tode krank war. Abermals unter Führung des Feldmarschalls Mackensen besetzten deutsche, österreichische ungarische und bulgarische Truppen im unaufhaltsamen Siegeszuge den größten Teil von Rumänien und zogen am 16. Dezember 1916 in Bukarest ein.

Im Westen wechseln häufige Vorstöße der Feinde mit einzelnen Angriffen der Deutschen, ohne daß ein Teil imstande wäre, nennenswerte Vorteile zu erzielen. Im Oktober 1917 beginnt unter Mitwirkung deutscher Truppen an der italienischen Front eine Offensive, die in wenigen Wochen bis weit in die oberitalienische Tiefebene fortschreitet und den Feind hunderttausende Mann und ungezähltes Kriegsgerät kostet.

Die russische Front zeigt schon deutliche Spuren der Zersetzung, die Gefechtstätigkeit ist deshalb dort unbedeutend. Am 17. Dezember 1917 wird an der russischen Front zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland, Bulgarien und der Türkei einerseits und Rußland-Rumänien andererseits ein Waffenstillstand geschlossen, dem nach einer Unterbrechung durch Wiederaufnahme der Feindseligkeiten am 3. März 1918 in Brest-Litowsk der Abschluß des Friedens mit Rußland und am 6. Mai jener mit Rumänien folgt.

Der Eintritt Amerikas in die Reihen der Feinde der Mittelmächte hatte nicht bloß eine starke moralische Wirkung, sondern machte sich auch bald durch die Ausfüllung der geschwächten Feindesfront mit unverbrauchten Truppen empfindlich bemerkbar. Ein Vormarsch der deutschen Armeen gegen die Marne wird für diese abermals zum Verhängnis und das Wunder an der Marne tritt wieder ein, wie schon am Anfang des Krieges, im September 1914. Die deutschen Truppen kommen ins Stocken, zum Stehen und müssen nun Schritt für Schritt Terrain aufgeben bis zum unheilvollen Ende des Krieges.

An der italienischen Front ist die österreichische Armee im Juni 1918 mit einem Vorstoß nicht glücklicher, nur insofern in einer günstigeren Lage, als die Feinde hier nicht mehr den Angriffsgeist entwickeln wie an der französischen Front.

Es geht plötzlich Schlag auf Schlag. Zuerst sucht Bulgarien, dann Ungarn und Österreich durch Sonderfriedensangebote für sich zu retten was zu retten ist, ohne natürlich irgendwelcher Schonung teilhaftig zu werden. Zuletzt, am 11. November 1918 sieht sich auch Deutschland gezwungen, die Waffenstillstandsbedingungen der feindlichen Mächte anzunehmen.

Wieso es kam, daß die Mittelmächte, nachdem sie den volkreichsten Feind, Rußland, besiegt hatten, doch noch zusammenbrachen, hat mannigfache Ursachen. Viel trub bei, dass die Menschen der Mittelmächte durch die Mangelwirtschaft sehr stark ausgelaugt, und so einem schnellen Kriegsende  sehr zugetan waren – auch wenn es bedeutete dass Österreich zu den Verlierern zählte, und mit Friedensverträgen konfrontiert wurde die nicht im Sinne der Monarchie waren, und in letzter Konsequenz zum Zerfall des Vielvölkerstaates führten. Dass in dem Ende der Keim des zweiten Weltkrieges schon vorhanden war – das erkannten auch schon damals viele.

Ehrlich und entlarvend sind auch die Kommentare der Heerführer der Siegermächte

So sagte General Smuts: „Der Sieg übertrifft die kühnsten Träume des Vielverbandes,“ und Aristide Briand: „Wir sind in diesen Sieg mit einem solchen Kopfsturz hineingepurzelt, daß es kein Wunder ist, wenn wir diesem unverhofften Glück gegenüber ganz taumelig sind.“

Autor: Ja_1 siehe Autorenverzeichnis

 

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