Ein Dokument zur Geschichte der schlesischen Hexenprozesse.
Eine bekannte Legende zum Hexenglauben in Schlesien datiert sich mit 1702. Es ist die Geschichte der Sabina Siebel aus Alt-Vogelseifen, deren Existenz nie nachgewiesen werden konnte. Diese Geschichte erlangte einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Viel weniger bekannt ist aber die Execution (der Hexenprozess) des Christoffen Englisch. Das Dokument, das Aufschluss über diese Execution liefert trägt das Datum 30 . September 1674. Es wurde von Oberlehrer A. Schmidt bei der Arbeit an der Ortschronik von Lichtewerden im Jahre 1906 oder 1907 im Engelsberger Pfarrarchive gefunden.
Mitgeteilt von A. Schmidt, Oberlehrer in Lichtewerden (1906).
NB. Die Execulion ist an Dietrichsdorfisch Gränitz beym Fuchsstein geschehen. Von seinem absterben an biß auff die Exion seindt gerade 27 Wochen verloffen.
Nachdem bereits baldt nach absterben Christoffen Englischs sich in dem zur Herrschaft Freudenthal gehörigen Dorff Lichtewerden bey nächtlicher weile ein Gespenst oder Poltergeist sich erwecket, undt je länger je arger die alldortigen Nachbahren undt Inwohner auff unterschiedliche Manir geängstiget undt geplaget, daß Sie es in die Lenge nitt ausstehen können, undt weilen die angewendte Christliche mittel, derer man wohl nitt gesparet, nichts fruchten wollen, also auch daß die Leuthe ein abschewen getragen, sich weither auf dem alldortigen Freythoff begraben zu lassen;
Als halt die gdige Herschafft durch dieser armen Leuthe Inständiges Unaufhörliches Lamentieren sich Bewegen undt diesen gantzen proceß oder Verlauff Einem hochlöbl. Consistorio durch allhiesigen Dechanten [1. Magistrum Eberhard Cronenberger umbständlich Vortragen lassen mitt beweglichen ersuchen, daß diesem Übel möchte abgeholfen werden. Undt weilen auff obgedachten Christoff Englisch, als welcher in seinen Lebzeiten nitt all zu eines löbl. Verhaltens gewesen; Als halt Ein hochwürdiges Consistorium Unterm 17ten 9ber lauffenden Jahres nitt des verdächtigen Christoffen Englischen Corper zu besichtigen sondern auch, da ged. Corper an seinen Zeichen und Inditien mitt dem Verdacht undt Suspition übereinstimmen sollte, dem brachio saecularj zur verdienten Execution von dem geweyheten Kirchhoff zu extradiren und rechtsbrauch nach zu überantworten verwilligt. Worauff dan den 26ten dito durch Ihre Hochwürden den allhiesigen Herrn Decanum Magister Eberhard Cronenberger mit Zuziehung H. Johannis Augustini Becher Pfarrer zu Engelsberg als administratoris in dieser Filial Kirche zu Lichtenwerden als ordinarii loci, undt seines Caplans H. Martin Augustini Schwizers: dan beeder Herschaften Ambts Secretarium H. Johann Richhardt Velky, Freudenthalischer Burggf. H. Andres Krausen, wie nicht weniger Richter, Viele Geschworne allda zur Lichtenwerden, die von hochgedachten Olmützerischen Consistorio verwilligte Besichtigung geschehen, das Grab aufgegraben die toten truhen durch den Freudenthalischen totengräber eröffnet! undt weilen er gedtn. Corper mitt Ernst undt Händen anzugreiffen und recht zu besichtigen verzacht gewesen, Sondern nur an einer Langen stangen ein eisernes Hackel gehabtt, undt damit von Ferne stehend vornen her ein wenig in der Corper gerißen, also daß man hierdurch auff keinen rechtsbeständigen Grundt kommen konnte, als ist diese besichtigung biß auff den 27ten dito differirt und Intzwischen das Grab verwahret worden; Jetzt gedtn. 27ten dito sindt obgedtn. dahir wieder erschienen undt der todtengräber von Friedlandt darzue, dieser ist ins grab zu dem Cörper gestiegen, haft denselben mitt seinen eigenen Händen umbgewendt wie vornen also hinten durch in eisernes Instrument (einer eisernen Graß-Sichel gleich) in denselben geschnitten, überall, doch hinten mehr als vornen rohes undt rothes Fleisch, auch was noch mehr ist hinten undt in dem Leib Unzerronnenes Bluth von Würmen oder Maden aber wie Sonsten bey dergleichen zu sein pfleget das geringste nicht gefunden;
Wan nun oberwehnte H. Geistliche auff wol überlegte vorgemelte Besichtigung und erwegung aller dieser Circumstantien genugsambe lndicia undt Anzeigungen zum Verdachte und daß gedtn. Corper auf diesem geweyhetem Orth zu liegen nitt würdig, Sondern hievon von rechtswegen zu amoviren führ gefunden; als ist von Ihr: Hochwürden dem allbiesigen Herrn Dechandt nach aussag der Consistorialischen Verwilligung dem brachio saeculari dieser Cörper zu seiner Justification, als Namblich dem beeder Herschafften Amtssecretario und Freudenthalischen Burggraffen, als welche beyde an Stadt der gdig. Herschafft diesem activi beygewohnett überantwortett worden; worauff dann also baldt wieder eine ordentliche gewiße Wacht auf dem Freythoff auß dem Dorff Lichtenwerden bestellt, der Scharfrichter von hinen beruffen u. die Execution angekündiget auch anstatt beim Fuchsstein auff der Dietrichsdorffisch gränitzen, In Fuchsweg ein gewißes Loch zur Verwahrung der verbrannten gebeiner u. asche noch denselbigen tag u. abendt gemacht, wie nitt wenige gewiße Leuthe bestellt umb acht zu geben, damit nicht dem Scharffrichter durch böse Leuthe ein Boßen gerißen u. der gemachte Holtz Hauffe vor der Execution verbrannt werde.
Den 28ten dito hierauf ist die truhen sambt dem Cörper obgedtn. Christoff Englischen durch den todtengräber auß dem Grabe herauß gehoben, nebenst der umb den Sarg gelegenen Erden über die Kirchhoffs Mauer herauß gesetzet u. alsdan dem Scharffrichter, weilen der Secretarius anderer wichtiger Geschäfte halber den dritten tag hierher nitt mehr erscheinen können:J durch den Burggraffen übergeben darauf sogleich aufl einem Schlitten mit des Scharffmeisterspferden sambt der todtenbaar u. allen andern bey der außgrabung gebrauchten Instrumenten fortgeführt u. also in beyweesen der Wacht u. vieler Leuthe sambt allem seinem des Christoff Englisch hinterpliebenen geräthlich auf dem Scheiterhauffen zerhackt u. verbrennt, die Aschen in die hierher mit Fleiß gemachte Gruben vergraben, die Erde aus dem Grabe durch den Todtengräber aus dem Freythoff herauß geführet; u. sodann durch den Scharfrichter an einem abgelegenen Orth ins Wasser geschittet, das offene Grab aber durch den todtengräber, damit ins künftig niemand hieher gelegt werden könne, mit Stein den angefühlt u. also diesem ein Ende gegeben worden.
Actum den 30ten 9ber 1674.
Der gantze verlauff deß nach dem todte außgegraben undt den 28ten 9ber verbrendten Christoffen Englisch, nach dem sein Cörper dem brachio saeculari (Anmerkung: weltliche Macht) zuvor übergeben worden.