Magna posthuma auf der Herrschaft Groß-Herrlitz im 18. Jahrhunderte.


Von eigentlichen Hexenprozessen, deren Schluß lodernde Scheiterhaufen bildeten und die während des 17. Jahrhundertes zu beiden Seiten des hohen Gesenkes so häufig waren, sind in der Troppauer Gegend wenige Spuren zu
finden. Doch hat auch hier allerhand abergläubischer Wahn feste Wurzeln geschlagen. Es war vornehmlich der Glaube an das Wiederkommen der Toten, an Poltergeister und Vampire oder die sogen, posthume Zauberei, die insbesonders auf der Herrschaft Gr.-Herrlitz, sozusagen vor den Toren Troppaus, bis in die Zeiten Maria Theresias ihr Unwesen trieb und geistlichen wie weltlichen Behörden viel zu schaffen machte. Belege hiefür liefert zunächst ein Troppauer Dekanatsprotokoll für die Jahre 1661—1729, worin die vom Olmützer Konsistorium herabgelangten Zuschriften und Weisungen mit knapper Angabe ihres Inhalts registriert sind.

Ein Reskript der kirchlichen Oberbehörde vom 30. April 1708 erfolgt aus Anlaß des gewaltsamen Widerstandes der Bauern zu Alt-Erbersdorf gegen die Beerdigung der Dorothea Marxin wegen Verdachts der Zau berei, ein zweites vom 21. Juni hat das Verhör der Bauern und die Exhu mierung, ein drittes vom 6. Juli die Verbrennung des Leichnams zum Gegen-
stande. — Den 12. Juni 1711 erfolgen dieselben Verordnungen betreffend die Ewa Radien aus Zattig. Hierauf folgt eine mehr als zehnjährige Ruhepause, bis wieder den 10. Mai 1723 dem Dechant aufgetragen wird, »den Leichnam
der Dorothea Lichtblauin aus Seitendorf ausgraben, untersuchen und bei Wahrnehmung gewisser Zeichen (inventis debitis signis) über die Friedhofsmauer werfen zu lassen, sonach aber dem weltlichen Arm als der Bestatung unwürdig zu übergeben“. In demselben Dorfe hatte der Dechant laut Auftrag vom 23. November 1723 den Leichnam des Johann Pfleger und im nächsten Jahre (Auftrag vom 14. Dezember) den des Martin Pfleger „als der magia posthuma verdächtig“ zu untersuchen. Hier war also der Zauber wahn epidemisch aufgetreten. —Im Jahre 1725 meldet sich auch Eckersdorf
mit der vermeintlichen Zauberin Katharina Benel (Dekret vom Mai) und 1728 Boidensdorf, zur Eckersdorfer Pfarre gehörig, mit dem Heinrich Klement, der wegen nächtlicher Ruhestörung (propter nocturnas infesta tiones) den Flammen übergeben wurde. (Dekrete vom 15. und 22. Juni.)

Wo das Dekanatsprotokoll abschließt, setzt glücklicher Weise eine andere amtliche Quelle ein, um uns über die Zustände der Zeit nach 1720 zu unterrichten. Es ist eine von dem Groß-Herrlitzer Pfarrer Hermann Josef
Wrtilek (1729—1752)2) herrührende, im dortigen Pfarrarchiv befindliche Chronik in lateinischer Sprache, enthaltend das Nationale seiner Vorgänger, die Namen der Welehrader Zisterzienser-Ordenspriester, welche als »Pröpste« den Gutskörper verwalteten, sowie Nachrichten über Brand- und Kriegsschäden und die damit zusammenhängenden Neubauten des Schlosses, der Kirche und des Hospitals aus der Amtszeit des Verfassers. Über die Tätigkeit P. Wrtileks als Seelsorger enthält das Schriftstück nur folgende kurze aber inhaltsvolle Bemerkung: „Gleich im ersten Jahre meiner Ankunft in Gr.-Herrlitz fand ich daselbst sowie auch in Klein-Herrlitz, Hermsdorf, Seitendorf und Zattig Pfarrlinge, die der posthumen Zauberei (magia posthuma) verdächtig, auch schuldig waren, so daß nach Abhaltung vieler vom bischöflichen Amte angeordneten Kommissionen an dreißig derselben, Erwachsene und Kinder, (tum adulti, tum innocentes) im Laufe einiger Jahre der weltlichen Behörde ausgeliefert und verbrannt worden sind.«*)

Noch im Jahre 1740 wucherte das Unwesen so üppig, daß sich sogar
das königl. Oberamt in Breslau veranlaßt fand, einzuschreiten. Durch Reskript vom 3. März fordert es vom Troppauer Landeshauptmanne Bericht »wegen der zauberischen Thüringer (sic!), die sich in der Herrlitzer
Herrschaft aufhalten und nach dem Tode Unruhe schaffen«.
Vom Landeshauptmanne wurde die Berichterstattung dem Herriitzer Propste
als Herrschaftsverwalter zugewiesen.*) Ob und in welchem Sinne dieselbe er-
folgte, ist mir nicht bekannt.

Autor: J.Z.

Die wenig ansprechenden Details solcher Prozeduren sind aus der sehr dankens-werten Publikation des Herrn Oberlehrers Schmidt über den Fall Englisch zu Lichtewerden vom Jahre 1674 zu ersehen. (S. Jahrg. 11. pag. 193 dieser Zeitschrift.)

2) P. Wrtilek war aus Zdounek in Mähren gebürtig und bei der Übernahme der
Pfarre erst 29 Jahre alt.

3) Ausgenommen Koschendorf erscheinen somit alle zur Herrschaft gehörigen
Dörfer als infiziert.

*) Nach einer von P. Ant. Pospisil, Pfarrer in Schlackau, angefertigten Kopie.
5) Amtsprotokoll im schles. Landesarchiv.

...zurück zur Startseite mehr zum Thema Leben heute

 

Helenes Garten - alte Sorten historische Rezepte

 

Das Projekt

Ziel dieser Webseiten ist es eine Materialsammlung zu bieten, die beim Erforschen ihrer Familiengeschichte behilflich ist.