Lexikon Dorfrichter, Erbrichter
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Der Dorfrichter - vom Willkürrichter zum Erbrichter
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Historische österreichische Währungen und Ihre Kaufkraft
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Der Dorfrichter , Schulze, Erbrichter oder Ortsrichter
Eine wichtige Rolle im Zusammenleben in den schlesischen Dörfern spielte bis zum Ende der Grundherrschafte 1848, bzw 1856 der Ortsrichter. Sein Amt entsprach in etwa dem eines heutigen Bürgermeisters, jedoch waren seine Befugnisse deutlich breiter angelegt
So bestimmte der Dorfrichter
- den Zeitpunkt von Saat und Ernte
- welche Felder zu bearbeiten waren
- er war verantwortlich, dass die Abgaben an den Grundherren zeitgerecht gemacht wurden
- er schlichtete, bzw. richtete kleine Streitfälle
- er entschied bei Grenzstreitigkeiten
- achtete auf die Sittlichkeit – dies war der größte Anteil seiner juristischen Aufgaben
- und er entschied auch, ob ein Straftäter der herrschaftlichen Gerichtsbarkeit ausgeliefert wurde.
- die Abgaben für die Herrschaft zu übernehmen und ihr zuzuführen usw.
Als Gegenleistung für das Amt, war der Dorfrichter von fast allen Abgaben befreit, bestimmten über die Mühle, hatte das Recht zu Brauen, und auch auszuschenken, bzw. die Schenke zu betreiben.
Das Amt wurde vom Vater zum Sohn weitergegeben, und wurde deshalb auch Erbrichterei genannt. Vor dem Prinzip der Vererbung der Richterwürde war es üblich dass der Landesherr, bzw. dessen Verwalter des Dorfes einen Richter willkürlich nach seinem Geschmack einsetzte. Diesen Richter nannte man Willkürrichter. Die Willkürrichter wurden durch das System der Erbrichter ca. ab 1650 abgelöst. Wichtig war, dass das Amt meist mit dem Besitz des Erbrichterhofes verknüpft war, wurde der Hof verkauft, ging das Amt an den neuen Besitzer über.
Dies waren die meistens üblichen Verhältnisse, die Erbrichterei betreffend. In manchen, seltenen Fällen wurde der Erbrichter vom Grundherren eingesetzt. Die steuerlichen Privilegien führten dazu, dass die Erbrichtereien meist wohlhabende Höfe waren. Trotzdem war das Amt nicht besonders begehrt, weil viele Streitereien zu lösen waren, und vor allem auch Spannungsfelder zwischen Grundherren und seinen Bauern und Untertanen bestanden, zwischen denen die Funktion des Erbrichters stand.
Auch in Schlesien, wurde nach der Kolonialisierung durch Deutsche, das Rechtswesen, und somit auch die Erbrichterei mitgebracht. Die frühen Lokatoren, die das Land den neuen Siedlern zuteilten, hatten auch die Funktion des Erbrichters inne. Das auch Schulze, oder Scholze genannte Amt war nur männlichen Familienmitgliedern vorbehalten. Es gab bei den Lokatorenfamilien auch Fälle wo mehrere männliche Familienmitglieder (z.B. Vater und Sohn) gleichzeitig das Erbrichteramt ausübten.
Starb die Linie der Erbrichter aus, so wurde das Amt an den Grundherren zurückgegeben, der einen neuen Erbrichter suchen musste.
War der Erbrichter nicht fähig das Ortsrichteramt auszuüben, oder wollte er dasselbe nicht übernehmen, so wählte die Gemeindeihren Richter, dem man den Titel ,,Betrichter“ beilegte. Dieser wurde für die Zeit seiner Amtswirksamkeit von der Robot befreit und erhielt auch die Benützung des Richterstückes.
Wenn der Erbrichter starb, und sein Nachfolger, meist sein Sohn noch minderjährig war wurde ein sogenannter Betrichter eingesetzt, er führte die Gemeinde bis zur Großjährigkeit des Sohnes gegen eine Geldentschädigung.
Die wichtigste Person im Dorfe war der Erbrichter (Scholze), welcher den Altesten und Geschworenen vorstand. Gr hatte vor den andern Anfassen eine bevorrechtete Stellung und ward schon bei der Anlegung oder Besiedlung des Dorfes als Lokator mit einem größeren, robotfreien Grundbesitze ausgestattet. Der Erbrichter war das Vollzugsorgan der Obrigkeit und hatte dieselbe als ein des Ortes und der Leute kundiger Mann zu unterstützen. Als solcher mußte er die Ableistung der Robot überwachen, die Zinsen einkassieren und Sorge tragen, daß der Zehent ordentlich entrichtet werde. Außerdem hatte er noch viele andere Obliegenheiten zu besorgen, von denen die Heerespflicht ihm die meistens Verlegenheiten bereitete; denn der Kriegsdienst wurde von unsern Vorfahren sehr gescheut und man versuchte, sich demselben durch Verstecken oder Flucht während der Assentzeit zu entziehen. Diese Scheu ist in vieler Hinsicht begreiflich, wenn wir bedenken, daß der Assentierte so viel als verloren war und derselbe zufolge der langen Dienstzeit (14 Jahre) und der vielen Kriege seine Heimat erst spät, oft auch gar nicht mehr wiedersah.
Für die vielen Pflichten und Sorgen, welche mit dem Amte des Erbrichters verbunden waren, hatte er außer den schon früher erwähnten Rechten und Gerechtigkeiten noch die Benützung eines Ackers, des sogenannten Richterstückes zu Recht. War der Erbrichter nicht fähig das Ortsrichteramt auszuüben, oder wollte er dasselbe nicht übernehmen, so wählte die Gemeinde ihren Richter, dem man den Titel ,,Betrichter« beilegte. Dieser wurde für die Zeit seiner Amtswirksamkeit von der Robot befreit und erhielt auch das Recht zur Benützung des Richterstückes.