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Geschichte der Jägerndorfer Herrschaftsverhältnisse


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Wenn Sie Jägerndorf und seine Menschen näher kennenlernen wollen lesen Sie die Jägerndorfer Heimatchronik.

1. Allgemeines

Der Bezirk Jägerndorf war schon zur Steinzeit bevölkert. Die Bewohner jener frühen Zeit beschäftigten sich mit Jagd und bedienten sich im Kampfe mit der Tierwelt verschiedener Werkzeuge aus Stein. Später hatten sie bereits ständige Ansiedlungen wie z.B. auf dem Burgberge bei Jägerndorf und in Kreuzendorf und beschäftigten sich mit Ackerbau und Viehzucht. Welchen Ursprungs diese Ureinwohner waren, darüber herrschen verschiedene Meinungen.

Sei dem nun wie immer, bekannt ist nur soviel, daß sie von eingewanderten Völkern indogermanischer Abstammung, die schon die vorgeschrittenere Kulturperiode der Bronzezeit erreicht hatten, verdrängt wurden. Man nimmt an, daß es um das 16. Jahrhundert v. Chr. die Kelten gewesen seien, die aus Asien kommend, sich keilförmig zwischen die Urbevölkerung eindrängten und mit der Zeit ganz Mittel- und Westeuropa überfluteten.

Die Kelten waren in viele Stämme geteilt, von denen sich in Böhmen, Mähren und im westlichen Ungarn der Stamm der Bojer niederließ. Diesen verwandt waren die Kothiner, auch Gothiner genannt, welche sich im Mährisch-schlesischen Berglande also auch in unserem Bezirke seßhaft gemacht hatten. Allein die Kelten blieben in ihren Wohnsitzen nicht unangefochten; zwei mächtige Feinde drangen auf sie ein, von Süden die Römer und von Norden her die Germanen. Die Cymbern waren es ohne Zweifel, deren Einfall vom heutigen Galizien aus sie zunächst abzuwehren hatten. Im Jahre 115 v. Chr. kam es mit diesen und den Bojern wahrscheinlich im nordöstlichen Mähren (Bretholz nimmt als Stelle des Kampfes das Erzgebirge an) zu einer furchtbaren Schlacht, welche die Cymbern nötigte, den Weg ins Römische Reich durch Ungarn und Steiermark zu nehmen. Trotz aller Tapferkeit aber vermochten die Kelten den vielseitigen Anstürmen dauernd nicht standzuhalten und verschwanden im Laufe des ersten Jahrhunderts v. Chr. aus den Gegenden nördlich und südlich der Donau, an welchem Flusse sich nun Römer und Germanen begegnen.

An die Stelle der Kelten traten in Böhmen die Markomannen, in Mähren und in unserer Gegend die Quaden. Beide waren deutsche Völker suewischen Stammes, die schon lange Nachbarn der Bojer in den Gegenden der obern Oder gewesen waren und mit einander verbündet, im Kampfe mit den Bojern ihr Reich südlich bis zur Donau ausdehnten, wodurch sie die unmittelbaren Nachbarn der Römer wurden.

Die Markomannen und Quaden waren wilde, kriegerische Nomaden, die, an den ständigen Wechsel ihrer Wohnsitze gewöhnt, ihre Hütten nur ordnungslos für den augenblicklichen Bedarf errichteten. Der Männer einzige Beschäftigung war, wie bei allen deutschen Stämmen, Krieg und Jagd, während die häuslichen Arbeiten den Greisen, Weibern, Kindern und Sklaven überlassen wurden.

Bald nach Besitzergreifung Böhmens durch die Markomannen hatte dessen Fürst Marbod, der in Rom römische Kriegskunst gelernt und sein Heer nach Art der Römer eingeübt und geordnet hatte, in kurzer Zeit die Oberherrschaft über die meisten umliegenden germanischen Völker errungen, so daß sich sein Reich bald von der Donau bis zur Ostsee und von der Elbe bis zur Weichsel erstreckte. Die zweideutige Rolle aber, die er gegenüber den Römern sowohl als auch gegen die noch selbständigen germanischen Fürsten wie z. B. Armin

spielte, brachte ihn schon im Jahre 19 n. Chr. zum Sturze. Von dieser Zeit an fiel das Volk wiederum in seine Unbedeutendheit zurück. Zwar blieben die Markomannen mit ihren alten Bundesgenossen, den Quaden, auch fernerhin vereint, allein die oberste Gewalt ging bald auf die letzteren über, die aber immermehr in die Gewalt der Römer gerieten.Es bereiteten sich jedoch, fern von ihren Grenzen, Ereignisse vor, zufolge deren die

Markomannen und Quaden abermals in Bewegung gerieten. Es war unter der Regierung des römischen Kaisers Mark Aurel (162—180 n. Chr.), da gerieten die an der Oder und Weichsel wohnenden deutschen Völkerschaften, im Osten von den Slawen bedrängt, in Bewegung und drangen, mit den Markomannen und Quaden verbündet, über die Donau in die römische Provinz Pannonien ein. Dies beschwor einen langjährigen Krieg herauf, dem die Römer den Namen Markomannenkrieg gaben, der bis zum Jahre 358 n. Chr. dauerte und Rom zu wiederholten Malen arg bedrohte. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts jedoch verliert sich der Name der Markomannen und Quaden in der Geschichte immer mehr, bis die Stürme der Völkerwanderung auch dieses Reich, zu dem auch unser Bezirk gehörte, in

Trümmer schlug und die Einwohner vielfach den Wanderstab zu ergreifen nötigte. Andere deutsche Völker drängten nach und wir finden nach den Quaden die Heruler in unserem Lande, später im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts die Langobarden. Um jene Zeit war das nordöstliche Mähren, und dazu gehörte damals auch unser Bezirk, als Grenzgau gegen die nordostwärts wohnenden Slawen anzusehen. In den Jahren 566 und 567 eroberten die Longobarden Pannonien und verlegten ihre Wohnsitze zumeist in dieses Land, während die

von ihnen verlassenen Länder nachrückende slawische Volksstämme besetzten. Diese waren ackerbautreibende Volksstämme, welche unter der Botmäßigkeit der Awaren standen und von diesen viel zu leiden hatten. Dieses Verhältnis währte bis in das erste Viertel des 7. Jahrhunderts, wo Samo sie befreite und aus den vielfach zersplitterten slawischen Stämmen ein Reich schuf, dessen Hauptland Böhmen war, zu welchem auch das nördliche Mähren also auch unser Bezirk gehörte, da er sein Reich im Osten bis an die Karpaten und

im Norden bis zur Spree ausgedehnt hatte. ( Nach Bretholz ist die Gestalt Samos sagenhaft und es ist historisch nicht nachweisbar, daß im 7. Jahrhundert in Böhmen und Mähren ein slawisches Reich bestanden habe)

Nach seinem Tode 662 zerfiel sein Reich und die einzelnen slawischen Stämme gerieten wieder in Abhängigkeit der Awaren. Die Geschichte des Landes von dieser Zeit an bis zum 9. Jahrhundert ist in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt, man weiß nur soviel, daß das Volk der Mährer im großen und ganzen damals das traurige Schicksal der Tschechen geteilt hat, bis Karl der Große dem Awarenreiche ein Ende bereitete. Nach dem Falle des Awarenreiches verbreiteten sich die slawischen Mährer in den eroberten Ländern immer mehr, jedoch mußten deren Fürsten auf dem Reichstage zu Regensburg 803 die Oberhoheit des karolingischen Reiches anerkennen. Im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts herrschte in Mähren Herzog Moymir, ein Mann von nicht gewöhnlichem Geiste. Schon dieser versuchte nach dem Vertrage von Verdun 843 die Bande der Abhängigkeit vom fränkischen Reiche zu lösen. Allein Ludwig, der erste deutsche König, zog im August des Jahres 846 mit einem starken Heere nach Mähren, setzte Moymir ab und erhob dessen Neffen Rastislav auf den Thron. Allein Ludwig hatte sich in Rastislav arg getäuscht; denn dessen Wunsch, Mähren unabhängig zu machen, reifte bald zum festen Entschlusse. Er suchte Verbindungen anzuknüpfen und versah sein Land mit starken Festungen. König Ludwig unternahm zwar mehrere Heereszüge gegen ihn, die aber ohne Erfolg blieben. Doch erst dem Nachfolger Rastislaws namens Swatopluk gelang es, durch Verrat, Treubruch, durch Anrichtung eines furchtbaren Blutbades sowie durch erneuerte Kriegszüge, die er in Gemeinschaft mit dem Böhmenherzog Boliwoj gegen König Ludwig unternahm, dem Lande Mähren 874 die Unabhängigkeit zu erkämpfen. Der ehrgeizige und selbstsüchtige Swatopluk trachtete nun mit allen Mitteln, sein Reich zu vergrößern und unterwarf mit der Zeit alle benachbarten slawischen Völker, ja sogar Böhmen mit seinem Fürsten Bokiwoj mußte seine Oberherrlichkeit anerkennen. Mit den deutschen Königen stand er in fortwährendem Kampfe, ohne jedoch namhafte Vorteile zu erringen. Er starb 894 und mit ihm sank die Machtstellung des Großmährischen Reiches und sein Glanz für immer; denn sein Sohn und Nachfolger Moimir vermochte den einbrechenden Magyaren, die von Ungarn aus sein Land überfielen und brandschatzten, nicht den nötigen Widerstand entgegen zu setzen und verlor gegen sie 907 die Schlacht bei Preßburg, was zur Folge hatte, daß ganz Großmähren und mit

diesem auch unser Bezirk in die Gewalt der Magyaren fiel und durch ein halbes Jahrhundert in der Gewalt derselben verblieb, bis Kaiser Otto der Große dem Rauben und Morden der Magyaren ein Ziel setzte und sie 955 auf dem Lechfelde derartig schlug, daß sie es in Hinkunft nicht mehr wagten, in die Nachbarländer einzufallen.

1.1 Mähren und mit diesem das Troppauer Land unter Böhmens Herrschaft

Boleslaw l. der Grausame, Herzog von Böhmen, wußte den Sieg Otto des Großen über die Magyaren zur Ausbreitung seiner Macht wohl auszunützen. Gleich nach deren Niederlage zog er mit Heeresmacht gegen Osten und entriß den Magyaren nicht allein Mähren, sondern auch die Slowakei zwischen der Donau und den Karpaten bis an das Matragebirge. Auch scheint er im Norden der Karpaten in Chrowatien mit der uralten Stadt Krakau Eroberungen gemacht zu haben, welche später unter seinem Sohne Boleslaw ll. erweitert wurden.

Was das siegreiche Schwert der zwei ersten Boleslawe erworben, vermochte ihr tyrannischer Nachfolger Boleslaw lll; nicht zu behaupten; denn nach dem Tode Boleslaw ll. 999.n. Chr. griff der aufstrebende Polenkönig Boleslaw Chrobry das böhmische Reich an und es gelang ihm, Chrowatien , Schlesien, Mähren und die Slowakei zu unterwerfen, so daß unser Bezirk 25 Jahre lang unter polnischer Herrschaft stand. Mit dem Tode Ehrobrys 1025 brach auch dessen großes Reich zusammen. Streitigkeiten unter seinen Söhnen benützten die angrenzenden Völker zur Aneignung polnischen Gebietes. Bretislaw, der Sohn des böhmischen Herzogs Udalrich, wollte gleichfalls die günstige Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, sich wieder Mährens zu bemächtigen. Er fiel in dieses Land ein und eroberte es bis an das rechte Oderufer. Zur Sicherung des eroberten Landes ließ er die alten Städte und Burgen wieder befestigen und an den Gemarkungen neue feste Bollwerke gegen die Magyaren und Polen errichten. Er ließ an den Grenzen dichte Wälder bestehen, durch die nur wenige Wege in sein Reich führten, auf denen er das Vordringen des Feindes durch Verhaue, durch Aufwerfen von Gräben und Wällen zu erschweren, wenn nicht unmöglich zu machen suchte. Man nannte derartige Befestigungen Tore (Brizna).


Als Bretislaw die Grenze seines Reiches bis über die Oppa hinaus vorgeschoben hatte, also das Troppauer Land (Holaschowitzer Lupe) wieder unter Böhmens Oberhoheit gekommen war, ließ er die Grätzburg südlich von Troppau gegen die Polen errichten. Diese war bestimmt, die sogenannte Heerstraße nach Polen zu decken, die beim eisernen Tor südlich von Odrau von der alten Handelsstraße, der sogenannten Bernsteinstraße, abzweigte und über Odrau, Briesau nach Grätz führte. Berstärkt wurde die Grätzburg in ihrer Widerstandsfähigkeit noch durch Anlegung eines Tores (Brzna) bei Branka. Solche Wegsperren mit Burgen dürfte es entlang der polnischen Grenze noch mehrere gegeben haben und man kann annehmen, wenngleich Belege hiefür fehlen, daß in jener Zeit die Burg Wartenau zur Abschließung des Tschitschinatales und die Burg Zator bei Wiese zur Sperrung des Oppatales gegen Freudenthal gedient haben. Auch der Name des Dorfes Branitz läßt auf eine Torsperre (Brzna) schließen.

Bretislaw, der 1037 Herzog von Böhmen wurde, behielt die alte Einteilung in Lupen (Kreise) fest und es gehörte unser gegenwärtiger Bezirk zur Lupanei Holaschowitz, die ihren Verwaltungssitz auf der Burg Grätz hatte. Sie war die nördlichste Lupe Mährens und umfaßte die heutigen Bezirkshauptmannschaften Troppau, Wagstadt, Jägerndorf und Freudenthal, sowie die preußisch-schlesischen Gebiete bis nördlich zur Zinna. Bretislaws Streben war gleich dem seiner Vorfahren dahin gerichtet, sein Reich von Deutschland unabhängig zu machen, was ihn jedoch in blutige Händel mit dem Kaiser Heinrich lll. verwickelte und schließlich zu keinem andern Resultate führte, als daß er die Oberhoheit Deutschlands anzuerkennen sich genötigt sah. Bretislaw, um das Wohl seines Landes besorgt, erließ kurz vor seinem Tode das Senioratsgesetz, nach welchem Böhmen immer ungeteilt bleiben, zum Großherzog aber stets der Älteste der Herrscherfamilie der Przemysliden eingesetzt werden sollte, während die andern Prinzen des Hauses zu ihrem Unterhalte Teilfürstentümer in Mähren zu erhalten hätten. Nach dem Tode Bretislaws am 10. Jänner 1055 kam sein Reich an seinen ältesten Sohn Spitihnev ll., während die übrigen Söhne Wratislaw, Konrad und Otto mit mährischen Teilfürstentümern bedacht wurden und zwar: Wratislaw mit Olmütz, wozu auch die Holaschowitzer Lupe gehörte, Konrad mit Znaim und Otto mit Brünn.

Spitihnev regierte nur sechs Jahre, worauf sein Bruder Wratislaw ll. (1061—1092) zur Herrschaft gelangte. Dieser geriet mit dem Polenkönig Boleslaw dem Kühnen wegen den ungarischen Thronstreitigkeiten in argen Zwist. Die Feindseligkeiten eröffnete Boleslaw mit einem Einfalle in Mähren.

Mit großer Kriegsmacht zog er 1062 vor die Grätzburg bei Troppau und belagerte dieselbe, vermochte sie aber trotz aller Tapferkeit nicht zu nehmen. Mittlerweile aber hatte Wratislaw ein Heer gesammelt umd brach damit nach Nordmähren vor. Er umging den Feind, schlug ihn und brachte ihm auf dem Rückzuge empfindliche Verluste bei. Daß während dieser Kriegsunruhen auch unser Bezirk, wenigstens der südliche Teil desselben, wird viel zu leiden gehabt haben, ist nur zu begreiflich; denn die Umgehung des Feindes konnte ja doch

nur von Westen aus geschehen. Erwähnenswert für uns ist aus Wratislaws Zeit noch, daß unter ihm im Jahre 1063 das Bistum Olmütz gegründet wurde, zu dem in religiöser Beziehung unser Bezirk mit Ausnahme von drei Pfarrsprengeln noch heute gehört. Nach Wratislaws Tode kam sein Sohn Bretislaw ll. (1092-1100) zur Herrschaft, der den Kampf gegen die Polen im nordöstlichen Mähren wieder aufnahm, wodurch dieser Teil des Landes grauenhaft verheert wurde. Bretislaw, der eines gewaltsamen Todes starb, wird mit Recht der Vorwurf gemacht, daß er der erste war, der das von seinem Großvater gegebene pragmatische Gesetz über die Erbfolge gebrochen hat und damit in der Zukunft Thronstreitigkeiten heraufbeschwor, welche dem Reiche großen Schaden brachten. Die Zwistigkeiten in Polen zwischen den Brüdern Boleslaw, genannt Schiefemund, und Zbihnew hatten auch für die Olmützer Provinz insbesondere die Holaschowitzer Lupe unangenehme Folgen. Der Herzog Swatopluk von Olmütz nämlich stellte sich in diesem Streite auf Seite Sbihnews, was Boleslaw Schiefemund veranlaßte, gegen ihn zu Felde zu ziehen, um ihn von dem Bündnisse abzubringen. In der Osterwoche nach dem 17. April des Jahres 1104 fielen Boleslaws Truppen in drei Heersäulen unter dem Befehle eines Grafen namens Zelislaw in die Olmützer Provinz ein, plünderten sie aus und führten zahlreiche Gefangene und reiche Beute mit sich fort. Swatopluk jedoch stellte sich heldenmütig dem Feinde entgegen und lieferte ihm in den Gebirgen an den polnisch-mährischen Marken, also in unserer Gegend, eine blutige Schlacht. Die Mährer siegten zwar, waren aber vom Kampfe so erschöpft und geschwächt, daß sie außer stande waren, den Polen die gemachte Beute abzujagen. Noch im Sommer desselben Jahres brach Boleslaw selbst durch das Gesenke in die Niederungen des Landes ein, zog sich jedoch, nachdem er einige Dörfer und Höfe in Asche gelegt hatte, ohne auf Widerstand gestoßen zu sein, wieder zurück.


Durch die Teilungen Mährens unter Bretislaws Söhne und deren Nachkommen wurde die Machtstellung des przemyslidischen Reiches durch anderthalb Jahrhunderte lang aufs schwerste geschädigt. Die Streitigkeiten unter den Verwandten brachten das Land in heillose Verwirrung, lockerten seinen Zusammenhang, so daß schließlich Mähren zur Zeit des Kaisers Friedrich Barbarossa 1182 reichsunmittelbar werden konnte. Erst Przemysl Ottokar I. gelang es, Mähren wieder in Abhängigkeit von sich zu bringen und von Kaiser Friedrich II. 1212 die Urkunde zu erlangen, die Böhmen als erbliches Königreich anerkannte, dem auch Mähren wieder als untertänige Markgrafschaft einverleibt wurde.

Przemysl Ottokar I., unter dem die Landeshoheit sichtlich erstarkte, ließ seinen Sohn Wenzel, der erst 11 Jahre alt war, entgegen dem Bretislaw'schen Erbfolgegesetze, zu seinem Nachfolger wählen. Da der deutsche Kaiser diesen Vorgang am 26. Juli 1216 sanktioniert hatte, so war damit die Senioratserbfolge zu Gunsten der Primogeniturerbfolge (der Primogeniturerbfolge gelangt der erste d. h. der älteste Sohn des jeweilig regierenden Fürsten zur Nachfolge) abgeschafft. Wenzel I. wurde 1228 zum König gekrönt und folgte seinem Vater 1230 in der Regierung, ohne daß der Adel Widerstand erhob. Die Markgrafenwürde von Mähren trug nach dem Tode der Brüder König Wenzels sein Sohn Ottokar, der als nachmaliger König Przemysl Ottokar II. im Kampfe gegen Rudolf von Habsburg 1278 auf dem Marchfelde seinen Tod fand.

Unter der Regierung König Wenzels I. brach über Rußland und Polen eine Horde wilder, räüberischer Asiaten in unser Land und brachte über dasselbe unsägliches Elend. Es waren dies die Mongolen oder Tartaren. Als sie Rußland und Polen erobert und verwüstet hatten, drangen sie in Schlesien ein, wo sie wie anderwärts unmenschlich hausten. Der Herzog von Schlesien, Heinrich II., der Fromme, stellte sich dem grimmigen Feinde in der Ebene von Liegnitz entgegen. Hier kam es am 9. April 1241 zu einer blutigen Schlacht, die nach zweitägigem erbitterten Kampfe für das christliche Heer unglücklich endete; denn Herzog Heinrich und 30.000 seiner tapferen Krieger hatten im Getümmel der Schlacht den Tod gefunden. Darauf wälzte sich die ganze Heeresmasse der Mongolen durch die schlesischen Niederungen nach Süden und fiel in Mähren ein, wo sie Tod und Schrecken verbreitete. Zwei Drittel des Landes seufzten unter der Geißel der scheußlichen Würger, vor denen weder Mauern noch Gräben Schutz boten. Die Städte Troppau, Bennisch, Freudenthal, Littau, Prerau und Gewitsch wurden vernichtet und die Klöster Hradisch, Obrowitz, Raigern, Tischnowitz und Daubrawnik gingen in Flammen auf. Nur die drei Städte Olmütz, Brünn und Neustadt sowie einige Burgen trotzen hinter ihren Befestigungen der Übermacht der Weltstürmer. ( Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in jenen sturmbewegten Tagen auch die uralten Burgen unseres Schulbezirkes Zator und Wartenau zum Falle gebracht worden sind.) Vor Olmütz, der damaligen Hauptstadt von Mähren, lag die Hauptmacht der Mongolen. Die Stadt wurde von dem erfahrenen und klugen Jaroslaw von Sternberg verteidigt (historisch nicht nachgewiesen). Er schlug die wiederholten Stürme auf die Stadt tapfer ab und überfiel in der Morgenstunde des 25. Juni, nachdem eine starke Abteilung der Feinde im Lande zerstreut nach Nahrungsmitteln suchte, plötzlich ihr Lager und richtete unter ihnen ein furchtbares Blutbad an. Der Feind geriet in Unordnung und floh der March entlang nach Ungarn, um sich mit dem Hauptheere, das Batu hier befehligte, zu vereinigen. Noch einmal, im Sommer desselben Jahres, versuchten die Mongolen von Ungarn aus durch Österreich nach Westen vorzudringen. Sie wurden aber von Friedrich dem Streitbaren bei Wiener Neustadt (Niederösterreich) in die Flucht geschlagen.

Als nun noch ein großes christliches Heer gegen sie heranrückte, ergriffen diese räüberischen Horden die Flucht, um nicht mehr wiederzukehren. Rußland jedoch blieb noch zweihundert Jahre unter ihrer Herrschaft.


In der Zeit der Mongolenstürme wurde das Land sehr entvölkert. Es blieben von den unglücklichen Bewohnern nur jene übrig, welche sich vor den Barbaren in den Bergen und Schluchten zu retten vermochten. Nach dem Abzuge dieser grässlichen Feinde jedoch war den unglücklichen Einwohnern nur eine kurze Zeit des Friedens beschieden; denn kaum hatte unter der fürsorglichen Regierung der Przemysliden neues Leben zu pulsieren begonnen, da gab ein Streit um den Herzogshut von Österreich zu Gunsten Ottokars einigen polnischen Fürsten den Anlaß, 1253 in das Troppauer Land einzufallen und dasselbe mit Feuer und Schwert zu verwüsten. Nachdem sie Troppau und Leobschütz nicht zu nehmen vermochten, kehrten sie nach einem kaum siebentägigen Zuge über die Oppa und Oder zurück. Erst die folgende Zeit der Regierung Ottokars ll., der am 22. September 1253 den Thron bestieg, ist eine glückliche gewesen. Dieser mächtige Böhmenkönig war eifrig und redlich bemüht, seine Länder wieder zur Blüte zu bringen. Vor allem ging sein Bestreben dahin, die von den Kriegen verwüsteten Lande wieder und zwar dichter und nutzbringender zu bevölkern, zu welchem Zwecke er deutsche Kolonisten zur Besiedelung herbeirief.( Professor Berthold Bretholz in Brünn suchte in in den 1920er Jahren in seinem Buche ,,Geschichte Böhmens und Mährens« nachzuweisen, daß sich die althergebrachte Auffassung von der Besiedlung Böhmens und Mährens durch die Przemysliden urkundlich überhaupt nicht nachweisen läßt und kommt zu dem Schlusse, daß eine deutsche Stammbevölkerung als im Lande zurüekgebliebener Rest der Markomannen und Quaden vorhanden gewesen sein müsse. Die Haltung vieler tschechischer Gelehrter, die in wüsten ost persönlichen Angriffen gegen den Historiker Bretholz vorgehen, rechtfertigt die Vermutung, daß sie dessen Behauptungen mit sachlichen Gründen nicht zu widerlegen vermögen.)

Schon König Ottokar l. (1197-1230) und sein Bruder der Markgraf Wladislaw Heinrich (1197-1222), sowie der König Wenzel (1230-1253) hatten sich die Kolonisation in den Randgebirgen in Böhmen und Mähren durch Deutsche sehr angelegen sein lassen. Der hervorragendste Förderer der deutschen Besiedelung des Sudetengebirges jedoch war König Ottokar ll. und sein großer, tatkräftiger Staatsminister, der Bischof Bruno von Olmütz, ein geborener Graf von Schaumburg. Gleichen Kolonisationseifer wie das Bistum zeigten auch die Klöster und der Landesadel. Von den Klöstern sind besonders das von Raigern und jenes von Hradisch bei Olmütz und von dem Adel hauptsächlich das dem Königshause nahestehende Geschlecht der Kraware hervorzuheben, die sich die Besiedelung des Landes angelegen sein ließen. Professor Anton Rolleder schreibt in seiner Abhandlung ,,Die Herren von Krawarn (,,Zeitschrift des Vereines für die Geschichte Mährens und Schlesiens«. Jahrgang 1898, Seite 44) daß der Vater Benez ll. von Beneschau auf Burg Branitz namens Wok l. von

Beneschau seiner Vermutung nach 1241 sich in der Abwehr der Tartaren hervorgetan habe und gleich andern Adeligen, die dasselbe taten, wie z. B. die Sternberge, mit weiten Teilen der verwüsteten Landschaften begabt wurde, um dieselben mit neuen Ansiedlern zu besetzen und sie so der Kultur aufs neue zuzuführen. Ihm scheint das Gebiet an der Straße zwischen Troppau und Freudenthal zuteil geworden zu sein, in dessen Besitz wir dann seinen Sohn Benesch ll. finden, dem auch die Obhut der neuhergestellten landesfürstlichen Burg Lobenstein, vordem Czwilin genannt, anvertraut wurde.

Der übliche Vorgang bei Anlegung von Dörfern, Märkten und kleineren Städten war im allgemeinen überall derselbe: Der Grundherr, der seinen Grund und Boden, neu besiedeln wollte oder ein bereits bestehendes altes Dorf in zweckmäßiger und gewinnbringender Weise umzugestalten gedachte, mußte sich zuvor von dem Landesherrn die Erlaubnis zur Besiedelung einholen; mitunter auch vom Bischof, wenn es sich um die Entrichtung des Zehent an die Kirche handelte. War dies geschehen, dann setzte sich der Gutsherr mit einem sogenannten Lokator in Verbindung. Dies waren unternehmende, wohlhabende Männer, die sich mit der Neubesiedlung beschäftigten. Waren Grundherr und Lokator einig, so schloß man einen Vertrag ab, der in der Aussetzungs- oder Lokationsurkunde niedergelegt wurde, und in welcher die Flur des zu begründenden Dorfes genau abgemessen und bestimmt war.

Der Lokator verpflichtete sich darin, den ihm zugewiesenen Grund mit Ansiedlern zu besetzen. Aus welchen Gegenden er diese herbeirief, war ganz seine Sache; jedenfalls aber holte er dieselben aus solchen übervölkerten Gegenden Deutschlands, deren Bewohner als auswanderungslustig bekannt waren, wohl auch aus der Heimat des Lokators selbst. «

Für die Aussetzung eines Ortes erhielt der Lokator gewöhnlich die Schultisei und den dritten Denar von den Gerichtsbußen, dann eine Freihufe und jede 7. oder 10. Zinshufe; ferner nach Abmachung wohl eine Mühle, eine Schmiede, eine Brot-, Fleisch- und Schuhbank, zumeist auch ein Wirtshaus (Kretscham). Die Ansiedler selbst waren 10 bis 20 Jahre von allen Abgaben befreit. Nach Ablauf dieser Zeit mußten sie der Gutsherrschaft für jede Hufe den sogenannten Erbzins (gewöhnlich eine Mark Silber) auch wohl den bischöflichen Zehent entrichten und zur Erhaltung der Brücken und Wege beitragen.

Wenden wir uns nun der Kolonisationstätigkeit in unserem Bezirke selbst zu. Dr. Karl Berger schreibt hierüber in seiner Abhandlung: ,,Die Kolonisation der deutschen Dörfer in Nordmähren«, ( Zeitschrift des deutschen Vereines für die Geschichte Mährens und Schlesiens. Brünn 1905) nachdem er die Besiedelung der Hotzenplotzer Enklave durch Bischof Bruno aus dessen noch vorhandenem Testamente unwiderleglich nachgewiesen hat, weiter wie folgt: ,,Der Umkreis von Jägerndorf, welche Stadt schon 1221 ihre eigene Pfarre hatte, zeigt am Ende des 13. Jahrhunderts bereits die heutige Besiedelung. Gotschdorf trägt als ville Godescalci (Gottschalksdorf) den Stempel einer deutschen Gründung in dem Namen seines Gründers an sich, es wird bereits 1281 so genannt, während Schönwiese (Kobile) im Jahre 1330, wenigstens als Beiname, erwähnt wird. Komeise ist schon 1259 durch Przemysl Ottokar Jägerndorf zugeteilt worden, das Vorwerk Mösnig ist 1300 im Besitze eines gewissen Hilprant, also wohl eines Deutschen, Weiskirch wird 1262 der Stadt Jägerndorf zugewiesen, Krotendorf soll bereits vom Markgrafen Wladislaw Heinrich, also schon im Beginne des 13. Jahrhunderts begründet worden sein, auch Pickau gehört in diese Zeit.

1282 lesen wir von Bycow (Pickau), sita in districtu Opaviensi , im Jahre 1289 kommt es mit Dubniczye (Taubnitz ) als Geschenk an das Kloster Hradisch. Benesch lll. von Branitz (schon auf preußischem Boden gelegen) überträgt nämlich die Kirche von Branice et Uvalen. qui dicitur Lobenstein und die genannten Dörfer dem Kloster. Gerade der Zusatz, daß Uvalen Lobenstein genannt wird, wirft uns ein Licht auf die nationalen Verhältnisse. Slawische Orte, wie Uwalno oder Uvalen werden von deutschen Kolonisten besetzt, so daß sie einen deutschen Namen erhielten. Der Name Lobenstein findet sich schon 1280. Und wie bei Lobenstein war es wohl auch bei den angrenzenden Dörfern Pickau und Taubnitz, die auch von Slawen begründet worden sein mögen und von den zahlreich einwandernden Deutschen in deutsche Dörfer umgewandelt wurden. Bransdorf wird urkundlich erst spät genannt, 1377 als Brandisdorf im Besitze eines Veichard, also eines Deutschen; selbstredend ist damit sein Alter so wenig wie bei Braunsdorf ausgesprochen, das auch erst 1362 in dem uns überlieferten urkundlichen Materiale auftaucht. Sicherlich waren auch damals beide Orte deutsch. Aus der bezogenen Abhandlung ist weiter noch zu entnehmen, daß wir Olbersdorf erst spät, nämlich 1377 als Albirchtesdorf begegnen gleichzeitig mit Heinzendorf, wogegen das gleichfalls nahegelegene Bürgersdorf im Jahre 1398 genannt wird. Dagegen wird schon 1273 der slawischen Ortschaft Zator (Seifersdorf) unter dem Namen Seiffridistorf als deutscher Ansiedlung Erwähnung getan.

Aus vorstehendem geht hervor, daß zur Zeit der Regierung Ottokar ll. auch unsere Landschaft wie viele andere in Mähren und Böhmen einen mehr deutschen Charakter erhielt. Er war überhaupt ein Freund und Schützer deutscher Kultur und stützte seine Regierung mehr auf das deutsche Bürger- und Bauerntum. Unter ihm war das deutsche Element in Prag derart gestiegen, daß es die Zeit ersehnte, wo kein Böhme mehr auf der Prager Brücke zu erblicken wäre und gerade das sollte dem Bürger- und Bauernkönige zum Verderben werden. Der Adel war unzufrieden und unzuverlässig, als es zum Kampfe mit

dem neuen deutschen Könige Rudolf von Habsburg kam. Auf dem Marchfelde in der Schlacht bei Dürnkrut am 26. August 1278 verließ der böhmische Adel treulos seinen Herrscher, der hier auch seinen Tod fand. Ottokar hinterließ eine Witwe namens Kunigunde, die nach dem Tode ihres Gemahls mit ihrem Leibgedinge von 3000 Mark Silber auf die Einkünfte der Provinz Troppau angewiesen war. Sie schrieb sich ,,Herrin des Landes Troppau« und übte hier landesfürstliche Rechte aus. Doch auch Ottokars Sohn Nikolaus war im Troppauer Distrikte appanagiert, wie es scheint mehr im westlichen Teile um Jägerndorf.


Kunigunde, die auf Schloß Grätz residierte, war aber ihrem Stiefsohne nicht wohl gesinnt und wollte ihm die Einkünfte aus der Provinz entziehen. Dies aber vereitelte der Vormund des Nikolaus, der mächtige Bischof Bruno von Olmütz. Er verband sich mit dem unzufriedenen

Adel des Landes und führte Nikolaus im Mai 1280 mit Waffengewalt in die Provinz ein. Kunigunde, die durch ihre Intrigen sich auch die Ungnade Rudolfs von Habsburg zugezogen hatte, starb am 9. September 1285; Nikolaus jedoch behauptete sich bis zum Jahre 1308. Wenngleich seine Regierung vielfach unterbrochen war, so führte dieselbe doch dazu, daß das Troppauer Land am 3. Juli 1318 zu einem selbständigen Herzogtume erhoben wurde, das sein gleichnamiger Sohn Nikolaus ll. vom Könige Johann von Böhmen (1310—1346) zum erblichen Lehen erhielt. Damit ist das Troppauer Land von Mähren getrennt und der Krone Böhmens unmittelbar untergeordnet worden. Die mährischen Rechte und Gewohnheiten jedoch blieben den Untertanen gewährleistet, das Landrecht Mährens sollte den Ständen

ungeachtet der neuen Stellung ihres Landes gesichert bleiben.

1.2 Nikolaus ll. (1318-1365).

Nikolaus hatte sich in seiner Jugend mit einigen mährischen Baronen, darunter dem berüchtigten Friedrich Linau, gegen den König Johann verbunden. Nach der Niederwerfung der Aufständischen jedoch erhielt er vom König Verzeihung und wurde, wie wir bereits wissen, mit dem Herzogtume Troppau belehnt. In den darauf folgenden Wirren hielt Nikolaus in unverbrüchlicher Treue zu seinem Könige und zum Lohn dafür wurde er zum

Kämmerer des Königreiches Böhmen erhoben. Später, als nach einem Kriege mit Polen die oberschlesischen Fürsten die Oberhoheit Böhmens anerkannt hatten und das Herzogtum Ratibor mit dem Tode des kinderlosen Herzog Lesko 1337 erledigt war, verlieh König Johann dem Herzog Nikolaus, als dem Schwager Leskos, auch noch das Herzogtum Ratibor, so daß dieser damit in die Reihe der schlesischen Fürsten eintritt. Nikolaus nennt sich von nun an Herzog von Troppau und Ratibor und war in dieser Stellung der mächtigste oberschlesische Fürst. Herzog Nikolaus, welcher die sprechendsten Beweise der Huld seines Königs erhalten hatte, zieht sich zwei Jahre später dessen Ungnade zu, als er nämlich den Versuch wagte, den Zusammenhang des Herzogtums Troppau mit Mähren noch weiter zu lockern und den Troppauer Landesadel auf diese Weise in eine größere Abhängigkeit von sich zu bringen. Er wollte, gestützt auf die Gunst des Oberherrn, durch Umgehung des mährischen Rechtes den Troppauer Adel auf jenes Niveau herabdrücken, auf welchem die Edlen Schlesiens ihren Fürsten gegenüber standen. Die über ihre Rechte und Privilegien eifersüchtig wachenden Barone und Ritter erhoben aber Beschwerde und fanden Unterstützung bei ihren mährischen Standesgenossen. König Johann sah das Vorgehen des Herzogs als Bruch der Lehenstreue an und Nikolaus mußte sich fügen, ohne an offenen Widerstand auch nur denken zu können. Markgraf Karl versöhnt zwar seinen Vater, den König Johann, mit dem Herzoge, doch kommt diesem die Aussöhnung noch immer sehr teuer zu stehen; denn er mußte nicht nur große Geldsummen erlegen, sondern auch einige Güter, darunter Zuckmantel, Hermannstadt und die Burg Edelstein samt den daselbst befindlichen Goldgruben an den König abtreten.

Nach Schlichtung dieser Angelegenheit hielt sich Nikolaus eine Zeit lang in seinen Fürstentümern auf, wir finden ihn aber später wieder in des Königs und dessen Sohnes Umgebung. Im Jahre 1345 fiel König Kasimir von Polen ohne alle Veranlassung in das Gebiet des Herzogtums Ratibor, belagerte das Städtchen Sohrau und verwüstete dessen Umgebung. Herzog Nikolaus, der wackeren Widerstand leistete, rief König Johann, der vor Schweidnitz lag, um Hilfe. Dieser säumte keinen Augenblick, hob die Belagerung von Schweidnitz auf und erschien bereits in 4 Tagen im Troppauischen. Dem König voran war Zdenko v. Lipa geeilt, der Sohrau entsetzte, die Feinde verfolgte, 300 Ungarn niedermachte und in die Stadt Krakau eindrang, wo er aber in Gefangenschaft geriet. König Johann rückte vor Krakau und belagerte die Stadt. Als er die Vorstädte und die Umgebung verwüstet hatte, ging er schließlich mit den Polen einen Waffenstillstand ein, dem später der Friede folgte. Der polnische Einfall hatte das Gebiet des Herzogtums Ratibor hart mitgenommen; dagegen scheint das Troppauische, dank der Schnelligkeit des Königs, verschont geblieben zu sein.

Als König Johann in der Schlacht bei Crecy (26. August 1346) seinen Tod gefunden hatte, kam sein Sohn Karl zur Regierung. Nikolaus versäumte nicht, sofort nach Prag zu eilen, um seinem neuen Oberhaupte zu huldigen. Hier nahm er auch an den Beratungen teil, die zum Erlasse der goldenen Bulle vom 7. April 1348 führten, in welcher das Troppauische ausdrücklich

als ein Lehen der Krone Böhmens erklärt und von Mähren für immer vollständig getrennt wurde. Sein Leben verbrachte hierauf der Herzog größtenteils im Gefolge König Karls, von dem er in manchen heiklen Regierungsangelegenheiten verwendet wurde und mit dem er an mehreren Heerzügen teilnahm. Erst vom Jahre 1361 an finden wir ihn beständig in seinen Fürstentümern, wo er, vom Alter gebeugt, sein Leben am 8. Dezember 1365 beschloß.

Nikolaus war ein trefflicher Fürst, unter dessen 37 jähriger Regierung das Land sichtlich aufblühte. Er folgte hierin ganz dem Beispiele seines Freundes und Herrn, des Königs Karl, dessen Regententugenden sich in Böhmen glänzend erprobt hatten.

Als Nikolaus ll. seine Augen geschlossen hatte, waren bloß seine zwei älteren Söhne Johann l. und Nikolaus lll. mündig. Ersterer, als der einzige Sohn Annas, der Erbtochter Prsimislaws von Ratibor, wurde den 30. Jänner 1366 von König Karl mit dem Herzogtume Ratibor belehnt, so wie sein Oheim Lesko es besessen hatte. Das Troppauer Gebiet hingegen sollte Nikolaus lll. und seinen noch minderjährigen Brüdern zufallen; da jedoch neben diesen auch ihr Oheim Wenzel, der Bruder ihres Vaters, Ansprüche aus das Troppauische erhob, kam es zu einem Streite, der von König Karl am 28. Februar 1367 dahin entschieden wurde, daß Nikolaus lll. den vierten Teil des Troppauer Landes, die andern drei Teile jedoch seine Brüder Johann, Wenzel und Pkimislaw erhielten. Leobschütz war in der Teilung nicht mit inbegriffen, da es samt der Burg Landek das Leibgeding Juttas, der Witwe Nikolaus ll., war. Dem Oheime Herzog Wenzel dagegen wird auf Geheiß König Karls eine Jahresrente von 200 Mark sichergestellt, welche die vier Brüder jährlich an ihn zu entrichten hatten, außerdem hatten sie noch seine Schulden von 200 Mark zu bezahlen.


Da Johann l. auch zum Vormund über seine noch minderjährigen Brüder eingesetzt wurde, so hatte er im Troppauischen das entschiedenste Übergewicht, besaß er doch gleich seinen jüngeren Brüdern den vierten Teil des Landes und außerdem verwaltete er noch die Hälfte desselben als Wenzels und Primislaws Vormund. Ihm gegenüber tritt Nikolaus lll. völlig in den Hintergrund; denn gegen Johanns Ansehen konnte er um so weniger Bedeutung erlangen, als er nachgiebiger Natur war. Die Brüder scheinen auch in keiner Eintracht gelebt zu haben, da Nikolaus schließlichks das Land verläßt und seinen Anteil nicht seinem Bruder, sondern seinem Oheime, dem Herzog Konrad II. von Oels zu verwesen gibt.

Inzwischen, waren Wenzel und Primislaw der Vormundschaft Johanns entwachsen und verlangten die Herausgabe ihres väterlichen Erbes. Da auch der seit etlichen Jahren verschollen gewesene Nikolaus Ill. wieder auftauchte, so ging man unter Beiziehung von Vertrauensmännern an die Teilung des Landes. Auf Geheiß der fürstlichen Brüder wurde den 18. April,1377 das Herzogtum Troppau in zwei Hälften geteilt, die nordwestliche mit den Städten Jägerndorf, Freudenthal, Leobschütz, Zuckmantel und Deutsch-Neukirch mit den Sitzen Fürstenwalde und Edelstein fielen Johann und Nikolaus zu; die südöstliche mit den Städten Troppau, Hultschin und Fulnek und der Feste Landek erhielten die jüngeren Brüder Pkimislaw und Wenzel. Drei Tage später am 21. April wurde jener Teil, den die beiden älteren Brüder zugewiesen erhalten hatten, abermals in zwei Teile mit den Sitzen Edelstein und Fürstenwalde geschieden.

Die zweite Teilung überwies Johann l. die Städte Jägerndorf und Freudenthal mit dem fürstlichen Residenzschloß Fürstenwalde. Zu seinem Gebiete gehören: Hof und Dorf Holaschowitz (Kreuzendorf) und Neplachowitz, sodann die Güter-Krawarn, Piltsch, Hoschütz, Kauthen, Rösnitz, Wysokwitz, Kommerau, Gileschowitz, Bolesla, Kranowitz, Zauditz, Rasov, Kobrowitz, Groß-und Klein-Herlitz, Krastillau, halb Lewitz, Auchwitz, Jakubschowitz, Weissak,

Bodanow, Krug, Hennerwitz, Andersdorf, Krottendorf, Wartenau (eingegangenes Dorf), Bransdorf, Loding, Aubeln, die Stadt Bennisch, Spachendorf, Wokendorf, Zator (eingegangenes Schloß), Zossen, Pickau, Taubnitz, Bielau, preußisch Klein-Raden, Steubendorf, Schönwiese, Lobenstein, Dittersdorf, Raaden, Bartholdsdorf (eingegangen), Rosat (eingegangen), Markersdorf, Vogelseifen, Liechtenwerde, dann die Güter der Nonnen in Ratibor, Troppau und Tischnowitz.

Dem Herzog Nikolaus lll. wurden die Städte Leobschütz, Zuckmantel und Deutsch-Neukirch mit dem Fürstensitze Edelstein zugesprochen. In seinem Gebiete lagen die Güter Hotschalkowitz, halb Pilgersdorf, Mocker, Dobersdorf, Toppau, Branitz, Poßnitz, halb Lewitz, Roben, Bladen, Sauerwitz, Heinzendorf, Olbersdorf, Nassiedel, Rosen, Bodanowitz, Schammerwitz, Strandorf, Jarkowitz, Wanowitz, Rackau, Peterwitz, Kranowitz, Borutin, Kuchelna, Wüstenhube mit Pommerswitz, Steublerwitz, Kasselwitz, Wiendorf, Arnoldsdorf, Tropplowitz, Mathisdorf, Geppersdorf und Turmenitz, sodann die Johannitergüter Leisnitz, Klein-Elgut, Gröbnitz, Schönbrunn bei Leobschütz, Babitz, Jernau, Dirschel, Leimerwitz und Wernersdorf, die Güter des deutschen Ordenshauses in Troppau: Kreuzendorf, Schmeißdorf und Kreisewitz; das Leobschützer Spitalsgut Bratsch und endlich das Olmützer Kapitelsgut Rausen.

Wir ersehen aus dem Vorhergehenden, daß jenes Gebiet, das unseren heutigen Schulbezirk bildet, damals zum Teile Johann I., zum Teile Nikolaus lll. angehörte. Somit war das Herzogtum Troppau in vier oder besser in drei Teile zerrissen, da Wenzel und Primislaw ihre Anteile gemeinschaftlich regierten. Da übrigens Nikolaus lll., Herr von Leobschütz, im Jahre 1394 ohne Erben zu hinterlassen mit Tod abgegangen und sein Land an Herzog Pkimislaw gefallen war, so haben wir es künftighin nur mit den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf zu tun.

Für das Herzogtum Jägerndorf ist Johann l. noch insofern von Bedeutung, als er ein neues Landrecht einführte und eine eigene Landtafel errichtete, wodurch die Trennung der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf eine vollständige wurde.

Johann l. starb entweder Ende des Jahres 1379 oder Anfang 1380, da in letztgenanntem Jahre bereits sein ältester Sohn Johann ll. als Herzog landesfürstliche Rechte ausübte und gleich beim Antritt seiner Regierung sich beeilte, sein Herzogtum durch Verkauf oder Verpfändung an den Mann zu bringen. Schon im Jahre 1385 ist Ladislaus, Herzog von Oppeln, Herr des Jägerndorfischen, der die Stadt und die Herrschaft schon nach fünfjährigem Besitze am 28. Februar 1390 um 11.200 Schock Groschen an den Markgrafen

Jost von Mähren wieder verkaufte. Dieser hielt sich selten und stets nur auf kurze Zeit in diesem seinem Fürstentume auf. Ein von ihm bestellter Landeshauptmann, dem noch ein Landrichter und Landesschreiber zur Seite stand, besorgte die Geschäfte der Regierung; als Landeshauptmann wird uns Johann Kochmeister genannt, welcher 1406 die Landbücher anlegen ließ. Nach dem Hinscheiden Jost's am 17. Jänner 1411 fiel das Land an

1.3 König Wenzel lll. (1378—1419).

Dieser bestätigte den Ständen ihre Rechte und verspricht ihnen, so lange er lebe, dem Jägerndorfischen keinen Fürsten zu geben, sondern stets einen aus den Landständen zum Hauptmanne einzusetzen, der in des Königs Namen die Regierungsgeschäfte im Lande besorgen solle. Ähnliche Versprechungen hatte König Wenzel auch der Stadt Jägerndorf gemacht und ihr gleichfalls die Privilegien bestätigt. Nach seinem Tode am 16. August 1419 wurde Kaiser Sigismund, sein Bruder, Erbe und Nachfolger im Jägerndorfischen. Im Jahre 1420 leisteten Abgeordnete der Stände und der Stadt ihrem neuen Landesfürsten in Breslau

die Huldigung und den Eid der Treue, wogegen er ihnen alle ihre Rechte und Privilegien bestätigte und der Landschaft die Versicherung gab, die Verwaltung in unserem Herzogtum wie unter Wenzel beibehalten zu wollen. Allein Sigismund war stets geldbedürftig und verpfändete trotz seines Versprechens schon nach einem Jahre das Herzogtum um eine nicht näher angegebene Summe Geldes an Herzog Ludwig von Brieg.

Die Stadt sowohl als auch die Landschaft versprechen diesem insolange Gehorsam und Treue, bis Sigismund oder seine Nachkommen das Land einlösen würden;. Herzog Ludwig behielt dasselbe nur ein Jahr lang in Pfand denn bereits im September 1422 erscheint abermals der Herzog von Ratibor als Besitzer des Jägerndorfischen Dieser. war ein gewalttätiger, vor keinem Verbrechen zurückschreckender Mann, der tief in die Händel verstrickt war, die während König Wenzels unseliger Regierung schreckliches Elend über die böhmischen Länder brachten. Nach König Wenzels Tode huldigte er, wie alle schlesischen Fürsten Sigismund und leistete den Lehenseid. Bald bot sich ihm Gelegenheit, die Zufriedenheit seines Oberlehensherrn zu erwerben. In Böhmen bestand nämlich eine Partei, die nationalhussitische, zu der der größte Teil des tschechischen Hochadels hielt und die Sigismund als böhmischen Königs nicht anerkennen wollte. Diese trat in Kuttenberg zusammen und beschloß, die Krone ihres Landes dem Großfürstenvon Lithauen anzubieten. Zu diesem Zwecke wurden Gesandte dorthin abgeschickt. Ihr Weg führte durch., Johann ll. Land, wo sie und zwei Abgeordnete des polnischen Königs im September 1421 von der Bürgerschaft Ratibors auf Befehl des Herzogs festgenommen und an König Sigismund ausgeliefert wurden. Wohl suchten sich die Polen durch einen Einfall in des Herzogs Land zu rächen, allein die Gegenmaßnahmen Sigismunds vereitelten dies. Dieser dem Könige geleistete Dienst war die Ursache, daß König Sigismund, nachdem er zuvor die Pfandsumme an Ludwig von Brieg zurückbezahlt hatte, das Jägerndorfische Johann ll. aufs neue zum Lehen gab. Auf diese Weise ist das Ländchen, nach einer 37jährigen Zwischenzeit wieder an die Premysliden gelangt. Johann ll. sollte sich jedoch seines Besitzes nicht lange erfreuen; denn schon ein Jahr darauf endete er sein blutbeflecktes, vielbewegtes Leben in dem Kloster der Dominikanerinnen zu Ratibor, wo er auch seine Ruhestätte gefunden hat. Er hinterließ die zwei Söhne Nikolaus und Wenzel. Da diese noch minderjährig waren, so führte ihre, Mutter Helene die vormundschaftliche Regierung, die sie aber schon 1428 abtrat.

Im Monat Oktober 1437 teilen die beiden Brüder ihren Besitz unter Beiziehung von Vertrauensmännern aus dem heimischen Adel in zwei Hälften.

Dem jüngeren Bruder fiel das Herzogtum Ratibor zu, während Herzog Nikolaus V. im Besitze des Jägerndorf-Freudenthalischen verblieb und außerdem noch Pleß, Nybnik, Breslau sowie Bauerwitz zugesprochen erhielt. In die Regierungszeit Nikolaus V. fallen die Hussitenkriege. Da er gleich seinem Nachbar Pkimislao I. von Troppau es mit Sigismund hielt, so bleiben auch seine Länder von den Einfällen der wild fanatisierten Hussiten nicht verschont. Im Jahre 1427 fielen sie brennend und mordend in sein und seines Bruders Land ein, verwüsteten es, durchstachen Teichdämme und belagerten ihn und seine Mutter in Pleß. Hier lagen sie solange, bis der Waffenstillstand mit dem Herzog von Teschen abgelaufen; war, woraus sie in dessen Land gegen Auschwitz( Auschwitz ist das heutige Oswiecim in Galizien und liegt etwas südlich vom Einflusse der Sola in die Weichsel) und Zator zogen.

Kurz darauf fiel Herzog Boleslav von Oppeln, der es mit den Hussiten hielt und ein Feind Nikolaus wart, in das Herzogtum R atibor Nikolaus zog ihm mit seinem Heere entgegen, und schlug ihn am 13. Mai bei Nybnik derart entscheidend, daß er fortan Ruhe hatte.


Nikolaus ll. starb 1452 zu R ybnik und hinterließ zwei minderjährige Söhne Johann und Wenzel und eine Tochter Barbara, die mit Herzog Johann von Auschwitz verehelicht war. Um die Vormundschaft über die Söhne stritten sich ihr Oheim, Herzog Wenzel von R atibor und ihre Stiefmutter Barbara. Letztere jedoch wurde von Wenzel verdrängt, der bis zu seinem am 29. Oktober 1456 erfolgten Tode das Regiment im Jägerndorfischen führte, worauf sich Barbara der Vormundschaft über ihre Stiefsöhne bemächtigte. Wie lange ihre Herrschaft währte ist ungewiß denn …

1.4 Johann lll.

der ältere genannt, tritt bereits im Jahre 1461 als Landesherr auf. Anfangs regierte das Bruderpaar gemeinschaftlich, später (1464) trat eine Teilung ein. Johann erhielt Jägerndorf und Loslau, Wenzel ausschließlich ehemalige Bestandteile des Ratiborischen. Unter Johann lll. wurde das Herzogtum Jägerndorf von argen Kriegsübeln heimgesucht. Die Ursache hiezu lag in den Parteiverhältnissen in Böhmen. Als nämlich der minderjährige König Ladislaus, genannt Posthumus, im November 1457 gestorben war, wählten die Böhmen Georg von Podebrad zu ihrem Könige. Dieser war ein Mann von ausgezeichneten Eigenschaften, der sich auf das eifrigste bemühte, in den böhmischen Ländern die Ordnung wieder herzustellen und die königliche Macht zu kräftigen, die durch die Hussitenkriege sehr gesunken war. Allein Podebrad war ein Utraquist d. i. ein gemäßigter Hussit und hatte den katholischen Adel seiner Länder und viele deutsche Städte gegen sich. Selbstverständlich stand der damalige Papst Paul ll. auf Seite der Unzufriedenen, ja, dieser ging in seinem Hasse gegen den vermeinten Ketzer sogar soweit, daß er ihn des böhmischen Thrones als unwürdig erklärte, die Untertanen ihres Eides entband und gleichzeitig dem ungarischen Könige Mathias Korvinus die böhmische Krone anbot. Damit war das Signal zu einem Kampfe gegeben, der jahrelang in Mähren und Schlesien wütete und diese Länder kaum weniger verwüstete als seinerzeit der schreckliche Hussitenkrieg. Dem ungarischen Könige Mathias war die Aufgabe, die Länder der böhmischen Krone für sich zu erobern, höchst willkommen. Er fiel in Mähren, Böhmen und Schlesien ein. In letzterem Lande stand gleich zu Anfang des Kampfes die Stadt Breslau auf Seite des ungarischen Königs und durch die tatkräftige Unterstützung der Breslauer gewann Mathias Korvinus die Übermacht in Oberschlesien, so daß die Fürsten, darunter auch Johann von Jägerndorf, sich gezwungen sahen, am 10. August 1469 die Oberhoheit des ungarischen Königs anzuerkennen. Während die Kriegsstürme noch fortdauerten starb der bisher noch unbesiegte König Georg von Podebrad ams. 22. März 1471. Obgleich er drei Söhne hinterließ, wählten die utraquistischen Ständehaus sein Anraten Wladislaw ll., den Sohn des polnischen Königs Kasimir zu seinem Nachfolger. Kaum war die Wahl vorüber, so fielen mehrere oberschlesische Fürsten, darunter auch Johann II. Herzog von Jägerndorf, zu Gunsten Wladislaws vom Könige Mathias von Ungarn ab, dem sie doch mit Eidschwur verbunden waren. Dieser war aber nicht der Mann, oder einen solchen Treubruch geduldet hätte. Er zog von Olmütz aus nach Schlesien, um die Abtrünnigen schwer zu züchtigen. Nachdem er 1474 die Raubschlösser Sigmund Stosch's und des Georg von Olbersdorf eingenommen und zerstört hatte, zog er vor Jägerndorf, eroberte die in Brand gesteckte Stadt und nahm den Herzog gefangen.

Herzog Johann M. mußte dem Könige seine Städte Jägerndorf, Freudenthal, Bauerwitz und dessen Feste Lobenstein ausliefern; ihm verblieb nur noch die Stadt Loslau im Ratiborschen Gebiet, wo er 1483 sein Leben beschloß. Er ist der letzte premyslidische Fürst in unserem Herzogtume. Für die Zeit, von 1474 bis 1490.ist nun der ungarische König Mathias Korvinus als Herr des Fürstentumes anzusehen. König Mathias ließ sich das Wohl des eroberten Landes wohl angelegen sein und hat dasselbe durch seinen oberschlesischen Hauptmann Johann Bielik von Kornitz trefflich verwalten lassen. Insbesondere ließ er sich angelegen sein, der Stadt Jägerndorf von den erlittenen Kriegsübeln auszuhelfen. Für seine Nachfolge im Herzogtume sorgte der König in der Weise, daß er der Schwester des vertriebenen Herzogs Johann lll. namens Barbara, die mit dem Herzog Johann von Auschwitz-Zator verehelicht war, die Zusage machte, daß sie nach seinem Tode das erledigte Herzogtum erhalten solle. Als der König am 6. April mit Tod abging, anerkannten die Bürger und der Adel Barbara als ihre rechtmäßige Gebieterin und übergaben ihr und ihrem Gemahle Stadt und Schloß Jägerndorf. Sie behauptete sich auch bis an ihr Ende in dem Besitze des Landes, wenngleich der Nachfolger des Mathias König Wladislaw V., König von Böhmen und Ungarn, das Jägendorfische als ein heimgefallenes Lehen der böhmischen Krone am 3. Oktober 1493 seinemtreuen Kanzler Johann von Schellenberg verliehen hatte. Wie es scheint, hat sich Barbara mit dem Schellenberger dahin abgefunden, daß das Land nach ihrem Tode an die Familie des letzteren fallen sollte. Diese Annahme rechtfertigt sich damit, daß die einzige Tochter der Barbara, einen Sohn hatte sie nicht, mit dem Sohne Johann Schellenbergs namens Georg vermählt wurde, der noch zu Lebzeiten seiner Schwiegermutter den 22. Mai 1506 das Jägerndorfische zum Lehen erhielt. Nach dem Tode der Herzogin trat nun

Georg von Schellenberg im Jahre 1510 das Erbe. seiner Schwiegermutter an und schreibt sich ,,Herr der Fürstentümer Jägerndorf und Leobschütz“. Sein Vater Johann hatte nämlich das der, Krone heimgefallene Leobschützer Gebiet gleichfalls vom Könige Wladislaw erhalten und aus seinen Sohn vererbt. Georg jedoch verblieb nicht lange im Besitze des Herzogtums, sondern überließ dasselbe käuflich an den Markgrafen Georg von Ansbach-Brandenburg, einen Fürsten aus dem Hause Hohenzollern.

1.5 Markgrafen Georg von Ansbach-Brandenburg

Der Kauf wurde am 15. Mai 1523 von den beiderseitigen Bevollmächtigten abgeschlossen und das Jahr darauf die Kaufsumme von 58.900 ungar. Gulden an den Verkäufer abgeführt, worauf dieser dem Markgrafen die Städte Jägerndorf und Leobschütz, die Feste Lobenstein und die Dorfschaften überweist; Freudenthal jedoch wurde ausgeschieden, diese Stadt sollten die von Würben mit voller Freiheit besitzen. Hierauf wurde der Markgraf mit dem Fürstentume Jägerndorf von König Ludwig ll. belehnt, was König Ferdinand, Ludwigs Nachfolger, am 1. Juni 1532 bestätigte. Markgraf Georg ist für sein Land von hervorragender Bedeutung. Er zählt zu den ersten Fürsten Deutschlands, welche Luthers Lehre zustimmten und für dieselbe, wenn es nottat, in die Schranken trat. Es ist daher begreiflich, wenn er gleich zu Anfang seiner Regierung auch in unserem Lande seine resormatorische Tätigkeit begann. Er erließ eine Kirchenordnung, bestellte evangelische Seelsorger und Lehrer, ernannte Senioren, die einem Superintendenten, der in Jägerndorf seinen Sitz hatte, unterstanden und ließ Synoden abhalten, in denen die kirchlichen Angelegenheiten beraten und zum Beschluß erhoben wurden. Seinem Eifer und seinem großen Einflusse ist es gelungen, Jägerndorf rasch zum Brennpunkte der neuen Lehre für ganz Oberschlesien zu machen, bestanden im Jägerndorfischen doch schon zu Anfang der dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts 40 evangelische Gemeinden, zu denen in erster Reihe die Städte Jägerndorf, Leobschütz, Bennisch und das Städtchen Bauerwitz, dann die im Fürstentume liegenden 21 Kammerdörfer und Kolonien zählten.

Die Wirren, die unter dem jungen Könige Ludwig ll. in Ungarn einrissen, benutzten die Türken zu einem mächtigen Einfalle. Unser Markgraf eilte dem Könige zu Hilfe, er langte aber erst in Ungarn an, als die entscheidende Schlacht bei Mohacs am 29. August 1526 bereits geschlagen war, in der Ludwig einen tragischen Tod gefunden hatte. Die Türkennot im Jahre 1529 bestimmte den Markgrafen, sowohl die Feste Lobenstein vollends auszubauen, sie mit Geschütz, Pulver und jeglicher Notdurft zu versehen, als auch die Stadt Jägerndorf in besseren Verteidigungszustand zu versetzen durch gründliche Ausbesserung der Mauern, Basteien, Tore und Türme. Um das Wohl seiner Untertanen war Markgraf Georg sehr besorgt, nur die Stände hatte er sich dadurch entfremdet, daß er das Landrecht aufhob und entgegen den Privilegien Fremde zu Landeshauptleuten einsetzte, worüber sich

die Stände nach seinem im Jahre 1543 erfolgten Tode bei der herzoglichen Witwe bitter beklagten und die Entfernung des Hauptmannes Hans Jordan forderten. Markgraf Georg bestimmte, als er sich seinem Ende nahe fühlte, seinen einzigen noch minderjährigen Sohn Georg Friedrich zu seinem Nachfolger. Da dieser beim Tode des Vaters erst fünf Jahre zählte, so leitete die Geschäfte anfangs von Ansbach aus eine vormundschaftliche Regierung, die für das Jägerndorfische eine segenbringende genannt werden muß.

Nur der heimische, damals zumeist tschechische Adel war mit ihr unzufrieden, da die fürstlichen Beamten die Bauern und das Bürgertum gegen Ausschreitungen schützten und mit aller Entschiedenheit gegen sie auftraten, wenn sie die Macht des Fürsten zu schwächen, den Einfluß seiner Räte im Lande zu schmälern versuchten. Da der Adel andererseits wieder hartnäckig auf seinem vermeintlichen Rechte bestand und insbesondere zähe an dem mährischen Rechte festhielt, das in tschechischer Sprache gehandhabt werden sollte, so entbrannte zwischen dem Markgrafen und den Städten einerseits und dem Feudaladel andererseits ein langwieriger Kampf. Diese Verwickelungen sind insoweit von Interesse, als sie uns einen klaren Einblick in die nationalen Verhältnisse unseres Landes in der Mitte des 16. Jahrhunderts gewähren und den unwiderleglichen Beweis liefern, daß die Adeligen in dem Kampfe gegen die markgräfliche Regierung in erster Reihe die Tschechisierung der ihnen verhaßten deutschen Städte und Dörfer bezweckten; denn sie verlangten, daß im Herzogtume nach mährischem Rechte und ausschließlich in tschechischer Sprache Recht gesprochen werde, wogegen die Bürger der Städte geltend machten, daß das Fürstentum in Schlesien und nicht in Mähren gelegen sei, und daß in den Städten seit jeher nach sächsischem und kaiserlichem Rechte gerichtet und amtiert wurde, weil die tschechische Sprache ja Niemand verstehe. Die Ritterschaft ging sogar soweit, die städtischen Privilegien nicht zu achten, sie verletzte das Meilenrecht und verkaufte entgegen der Brau- und Schankgerechtigkeit ihr selbst erzeugtes oder fremdes Bier in Wirtshäusern, wo nur Jägerndorfer Gebräu zum Ausschank gelangen durfte, wodurch die städtischen und landesfürstlichen Einkünfte empfindlich geschädigt wurden. Um die Streitigkeiten, insbesondere wegen der Gerichtsbarkeit zu schlichten, kam Georg Friedrich im März des Jahres 1564 nach Jägerndorf. Am 9. desselben Monats unterhandelte er persönlich mit den Ständen, die ihn in tschechischer Sprache begrüßten, während er in deutscher Sprache seine Anträge stellte. Das Resultat dieser Unterredung war die Abfassung einer neuen Landes- und Gerichtsordnung, die der Herzog von seinen Räten in Jägerndorf zusammenstellen ließ und dem Kaiser Maximilian ll. im Oktober 1564 zur Genehmigung unterbreitete. Kaiser Maximilian aber hielt es mit den Landständen und verweigerte die Bestätigung; ja es wurde dem Markgrafen sogar der strikte Auftrag gegeben, das althergebrachte Landrecht binnen drei Monaten wieder auszurichten. Dagegen aber wehrte sich der Markgraf mit aller Hartnäckigkeit. Er ließ eine Schrift verfassen und schickte dieselbe zu seiner Rechtfertigung an den Kaiser. Nachdem dieselbe in freimütiger Weise alle Mißstände darlegt, welche aus der geltenden Landesordnung in Verbindung mit den Übergriffen des Adels stammen und die Notwendigkeit einer Änderung betont, wenn die unerträglichen Verhältnisse, die dem Bürger und Bauern daraus erwachsen, beseitigt werden sollen, wird die bündige Erklärung abgegeben, ,,daß der Markgraf stets des Kaisers treuer Fürst bleiben werde, aber dem letzten Befehle zu gehorchen, das gehe gegen sein Gewissen. Diese Weigerung könne ihm aber nicht als Ungehorsam ausgelegt werden, nachdem der kaiserliche Befehl auf unrichtigen Bericht der Stände und wider die landesfürstlichen Privilegien erfolgt wäre; denn es lasse sich, wie die Stände behaupten, aus ihren Briefen nicht nachweisen, daß sie auf die böhmische Sprache privilegiert seien, auch ist das Fürstentum deutsch und hat gar wenige böhmische Inwohner. Um diese zu mehren, haben sie zur Beschönigung ihrer Vorgebens sich unterstanden, die armen deutschen Bauern mit Gewalt zu vertreiben, an ihre Stelle haben sie Böhmen und Polen aufgeklaubt und würden dies noch fürder gerne tun.


Diese Denkschrift wurde den Ständen zur Äußerung mit der Aufforderung übergeben, sich den Anklagen gegenüber zu rechtfertigen. Sie nannten die Denkschrift des Markgrafen eine Spottschrift auf das mährische Recht, welche nicht bloß die Stände, sondern auch Böhmen und Mähren wie den Kaiser selbst beleidige; denn er und seine Vorfahren hätten diese Rechte nach sorgfältiger Erwägung verliehen, ihnen beigesessen und sie bestätigt, was nicht geschehen wäre, wenn dieses Recht wirklich zum Verderben der Armen und zum Abbruch der Obrigkeit gereichen würde. Schließlich leugnen die Stände die gegen sie erhobenen Anklagen rundweg ab und ergehen sich in Beschwerden gegen den Markgrafen wegen Nichtabhaltung des Landrechtes und wegen Vergewaltigungen, welche sich seine Räte den Ständen gegenüber schuldig gemacht haben sollten. Der Kaiser stellte sich auch diesmal auf Seite der Landstände und erklärt dem Markgrafen im Jahre 1567, daß er auf Bitte seiner getreuen lieben Untertanen des Fürstentums Jägerndorf alle ihre Begabungen, Handfesten, löblichen guten Gewohnheiten und Rechte, welche sie von seinen Vorfahren erhalten hätten, in allen Artikeln, Punkten und Klauseln bestätige.

Trotz der Parteinahme des Kaisers für die Stände kommt deren Streit mit dem Markgrafen dennoch erst im Jahre 1570 in Prag zum Abschluß, wo der Markgraf selbst intervenierte. Hier kam es am 17. Februar zu einem Ausgleich, in welchem manche Verfügung zu Gunsten der Untertanen getroffen und festgesetzt wurde, daß in Hinkunft beim Landrechte in beiden Sprachen tschechisch und deutsch je nach Bedürfnis verhandelt werde. (d`Elvert: Entwurf der Jägerndorfer Landesordnung mit Abänderung der alten mährischen. S. 12, Brünn, 1868 bei A. Nitsch.) Über den letzten Punkt wollten sich die Stände durchaus nicht zufrieden geben, sie wandten sich nochmals mit der Bitte an den Kaiser, beim Markgrafen dahin wirken zu wollen, daß dieser die Bestimmung über die Gleichberechtigung der deutschen Sprache mit der tschechischen beim Landrechte aufgeben möge. Allein der Markgraf, der mittlerweile wieder nach Ansbach zurückgekehrt war, antwortete von hier am 21. April dem Kaiser mit aller Entschiedenheit: ,,Es ist bekannt, daß beim Landrechte in Jägerndorf von altersher böhmisch und deutsch von den Parteien gesprochen und verhandelt wurde, ja es sind Urteile sogar in lateinischer Sprache gegeben worden. Die Leute im Jägerndorfischen verstehen größtenteils nur deutsch, es würde ihnen schwer fallen, jeder geringfügigen Sache wegen einen Prokurator in Böhmen und Mähren zu suchen, und sie würden daher lieber das Recht fahren lassen. Sodann ist Jägerndorf ein schlesisches Fürstentum, in welchem die Ritterschaft des Deutschen meistenteils mächtig ist; daher sie sich nicht beklagen könne, daß er beide Sprachen nach Belieben bewilligt habe. Auch könne er jetzt und in Zukunft nicht immer solche Hauptleute erhalten,. welche beider Sprachen gleich mächtig wären.“ (Geschichte der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf v. Biermann S. 340.)

Daß der Markgraf unerbittlich auf seinem Standpunkte beharrte und auch weiterhin die Durchführung einer verbesserten Rechtspflege gegen den Willen der Stände durchführte, nötigte schließlich die letzteren nachzugehen und von der Meinung abzulassen, daß sie die unumschränkten Herrn ihrer Untertanen seien. Die Bauern, Bürger und Städte aber verehrten in dem Markgrafen Georg Friedrich ihren treuen, aufrichtigen Schirmherrn, unter dem das Land sichtlich einer gedeihlichen Entwicklung entgegen ging. (Im Jahre 1662 erklären die Stände Jügerndorfs, daß die mährische Sprache im Fürstentume mehr und mehr abnehme, und daß es den Landrechtsitzern beschwerlich und den Parteien gefährlich falle, wenn das Landrecht in mährischer Sprache gehalten werden sollte, sie bitten daher ihren Landesherrn, den Karl Eusebius, Fürst von und zu Liechtenstein, zu gestatten, daß die Angelegenheiten bei dem Landrecht deutsch traktiert werden möchten, nachdem schon früher erlaubt und befohlen war, daß Käufe in die Landtafel in deutscher Sprache eingelegt werden könnten.)

Georg Friedrich, welcher einer der trefflichsten Fürsten des Landes war, segnete das Zeitliche am 26. April 1603 in Ansbach. Da er kinderlos war, erlosch mit ihm die fränkische Linie der Hohenzollern und er vermachte sein Herzogtum Jägerndorf testamentarisch dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg, der es wieder 1606 seinem zweiten Sohne

1.6 Johann Georg von Brandenburg (Regierungszeit 1606 - 1622)

erblich und eigentümlich übergab. Die Habsburger aber sahen von jeher mit scheelen Augen auf die Besitzungen der Hohenzollern innerhalb der Grenzen ihres Reiches. Ihrer Hauspolitik entsprach es durchaus nicht, daß ein deutscher Reichsfürst und noch dazu ein Protestant sich innerhalb der Länder des Königs von Böhmen eine größere Herrschaft gründe, weshalb man stets darauf bedacht war, weiteren Erwerbungen der Hohenzollern hindernd in den Weg zu treten.

Kaiser Rudolf ll. betrachtete daher das Herzogtum Jägerndorf nach dem Aussterben der Hohenzollern-Ansbach mit Georg Friedrich als heimgefallenes Lehen der Krone Böhmens und versagte dem Kurfürsten die Bestätigung. Doch sowohl dieser als auch sein Sohn Georg kümmerten sich wenig darum; vermochte doch der Kaiser die Besitzergreisung nicht zu hindern, weil es ihm an der nötigen Macht und Tatkraft fehlte. So Verblieb der Brandenburger im Besitz seiner Güter und es sollte die strittige Angelegenheit auf dem Rechtswege zur Austragung gelangen.

Obgleich Johann Georg als Herr des Landes großes Interesse für das Wohl der Städte zeigte, wie seine Anordnungen vielfach beweisen, so geriet er doch mit diesen in einen heftigen Streit und zwar über religiöse Angelegenheiten. Die Bürger waren nämlich eifrige Anhänger der lutherischen Lehre, während der Markgraf der reformierten Kirche zugetan war und diese in seinem Lande zu verbreiten suchte, was die Bewohner insbesondere jene der Städte

in gewaltige Aufregung versetzte, so daß sie dem Markgrafen und seinen Räten den Gehorsam kündigten. Dieser aber gab die wiederholte Versicherung und schließlich das schriftliche Zugeständnis, daß er die Bürger in der Ausübung ihres Glaubens in keiner Weise stören wolle. Dieser klugen Haltung war es zu danken, daß sich die aufgeregten Gemüter allmählig beruhigten und es schließlich dahin kam, daß sowohl der lutherische als auch der reformierte Gottesdienst als gleichberechtigt neben einander eingeführt wurden.

Als Kaiser Rudolf ll. geisteskrank geworden war, kam 1612 sein Bruder Matthias zur Regierung. Dieser wie sein Nachfolger, der protestantenfeindliche Ferdinand ll. (1619 - 1637) befolgten gegen die Hohenzollern dieselbe Politik wie ihre Vorgänger, so daß der Markgraf Johann Georg auch unter diesem Kaiser nicht in den gesicherten Genuss seiner schlesischen Herrschaften gelangen konnte. Es ist daher wohl begreiflich, wenn der Markgraf, als in Deutschland die religiösen Wirren zum Dreißigjährigen Kriege geführt hatten, auf Seite Friedrich V. von der Pfalz trat, der von den Böhmen statt Ferdinand zu ihrem Könige gewählt worden war. Mit der Schlacht am Weißen Berge aber sank mit Friedrichs auch unseres Markgrafen Stern; denn Ferdinand ll. hatte nun Ursache genug, den Brandenburger zu stürzen und verhängte den 22. Jänner 1621 über ihn die Reichsacht. Wohl setzte der Markgraf den Kampf gegen den Kaiser anfangs mit Erfolg allein fort; endlich aber mußte er doch der Übermacht weichen und sich nach Ungarn durchschlagen, wo er den 24. März 1624 in Leutschau starb.

Ferdinand ll., der für die Herstellung der kirchlichen Einheit glühte, sorgte dafür, daß ein treuer Anhänger der Habsburger und ein erprobter Katholik an die Stelle des brandenburgischen Rebellen trete und dazu schien ihm niemand besser geeignet, als der Fürst

1.7 Karl von Liechtenstein (Regierungszeit 1622- 1627)

dem der Kaiser für geleistete treue Dienste am 15. März 1622 das Herzogtum Jägerndorf schenkte. Die Städte und Stände jedoch hielten auch weiterhin treu zu Johann Georg und weigerten sich, dem Fürsten zu huldigen. Erst als das Fürstentum durch die Soldaten des Obersten Dohna gänzlich ausgesaugt und bis an den Bettelstab gebracht worden war, wich die Bevölkerung der unerbittlichen Notwendigkeit und fügte sich dem Willen des Kaisers. Die Huldigung aber erfolgte erst dann, als der Fürst den 16. November 1622 sämtliche Privilegien der Stadt wie auch den Ständen bestätigt hatte, darunter auch jenes von Markgraf Georg Friedrich vom Jahre 1599, welches die freie Religionsübung nach Augsburgischem Bekenntnisse verbürgte.

Trotz alledem aber machte sich doch ein völliger Umschwung in religiöser Beziehung geltend; denn der Bischof von Olmütz suchte im Stillen dem katholischen Glauben wieder Eingang zu verschaffen, was der neue Herrscher nicht nur gerne sah, sondern auch tatkräftigst unterstützte. Er untersagte den evangelischen Geistlichen ihre Predigten und bewilligte dem Bischofe Missionäre auszusenden, welche die Einwohner wieder der katholischen Kirche zuführen sollten. Die Bürger sowohl wie die Mehrzahl der Stände aber widersetzten sich diesen wortbrüchigen Maßnahmen und folgten den Anordnungen der fürstlichen Regierung nicht. Der Widerstand von Seite der Bevölkerung war ein so nachhaltiger, daß es dem Fürsten trotz des Eifers der ins Land gerufenen Jesuiten-Missionäre nicht gelang, seine beiden Fürstentümer Troppau (Karl von Liechtenstein war schon 1614, als treuer Anhänger des Hauses Habsburg, von Kaiser Matthias mit dem Herzogtume Troppau beschenkt und im Jahre 1618 in den Fürstenstand erhoben worden.)

und Jägerndorf noch bei Lebzeiten der katholischen Religion zuzuführen; denn er starb bereits am 12. Februar 1627 und ihm folgte sein Sohn, der noch minderjährige

1.8 Karl Eusebius, ( Regierungszeit 1632—1674),

für den dessen Oheim Maximilian bis 1632 die vormundschaftliche Regierung führte. Was unter dem Fürsten Karl nicht gelungen war, sollte unter der Regierung seiner Nachfolger mit Hilfe der Jesuiten mit Gewalt durchgeführt werden. Als nach dem Abzuge der Mansfeldschen Truppen Wallensteinsche Scharen in das Herzogtum eindrangen, erachtete man den Zeitpunkt als höchst günstig, den Protestantismus im Lande, insbesondere aber in den Städten, wo der Widerstand am heftigsten war, niederzutreten. Um dies zu erreichen, wurden zunächst die evangelischen Geistlichen vertrieben, die evangelischen Kirchen weggenommen und die evangelischen Schulen gesperrt. Um die Bewohner mürbe zu machen, wurden sie so lange der rücksichtslosen Willkür roher Soldatenknechte preisgegeben, bis sie entweder ihren Glauben abschwuren oder den Wanderstab ergriffen, um ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Am längsten Widerstand leistete die Stadt Jägerndorf; endlich aber hatte man auch diese durch zahlreiche Plackereien und raffiniert ausgesuchte Qualen dahin gebracht, sich den Drängern am 18. Mai 1630, nachdem auch Troppau sich bereits am 1. Mai . unterworfen hatte, gleichfalls zu fügen. Da auch noch fernerhin unser Fürstentum von Durchmärschen, kürzeren und längeren Einquartierungen nicht verschont blieb, so geriet Stadt und Land bis an den Rand des Verderbens. Von dem fortwährenden Jammer gebeugt, von der nie endenwollenden Not und dem Elende geknickt, ließen viele vor Verzweiflung die Hände in den Schoß sinken, wußten sie doch, daß die Frucht ihres Ackers nicht für sie und die ihrigen reife, daß ihr sauer Erworbenes nicht ihnen, sondern den beutegierigen Soldaten zugute komme. Eine große Zahl von Untertanen flüchtete aus Furcht vor den wilden Kriegshorden in die Wälder, viele betrieben aufkleigene Faust Straßenräüberei, so daß niemand mehr seines Lebens sicher war: welcher trostlosen Lage sich das Fürstentum Jägerndorf in jener Zeit befand, bezeugt die Erklärung der Stände vom 17. Dezember 1643, daß sie das auf sie entfallende Drittel von 24.572 Talern zu zahlen nicht im Stande wären, indem durch die fortwährenden Kontributionen, Durchzüge und andere Kriegsunfälle das Land so entvölkert sei, daß in einem Dorfe von den 20 Bauern kaum übrig wären, daß kaum die Hälfte des Ackers bestellt werden könne und daß in Folge der beständigen Muster- und Sammelplätze die meisten Bewohner aus dem Lande geflüchtet seien. (Biermann Geschichte der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf S. 537.)

Mit der Aussaugung des Jägerndorfischen durch kaiserliche Kriegsvölker aber war der Kelch des Leidens für die arme Bevölkerung noch immer nicht geleert. Im letzten Teile des entsetzlichen Dreißigjährigen Krieges betraten auch noch die Schweden den Boden unseres Herzogtums. Sie kamen angeblich als Beschützer des evangelischen Glaubens, was viele veranlaßte, von der katholischen Kirche abzufallen; allein die vielen Kontributionen und sonstigen harten Abgaben belehrte die Einwohner nur zu bald, was sie von den Schweden zu

erhoffen hatten. Der Westphälische Friede hatte endlich im Jahre 1648 dem Dreißigjährigen Kriege ein Ziel gesetzt und auch unser Fürstentum wie andere Länder in einem bejammernswerten Zustand hinterlassen. Der Acker, welcher ehedem für die Bedürfnisse der Bevölkerung gesorgt hatte, war zum großen Teil unbebaut, der Viehstand beinahe gänzlich vernichtet, die Häuser des Landmannes verfallen oder sie lagen in Schutt und Trümmer, manche Ortschaften waren völlig verschwunden, vom Hunger und Elend abgezehrte Menschen schleppten sich auf den Straßen umher. Nicht viel besser sah es in den Städten aus, die Gewerbe lagen darnieder, der Handel stockte, die Bevölkerung war zusammengeschmolzen und viele Häuser standen wüst und leer. Auch die höheren Stände hatten unsäglich gelitten, durch Lasten jeglicher Art waren ihre Kräfte übermäßig in Anspruch genommen worden, ihre Güter verschuldet, ja viele Edelleute waren vollständig ruiniert.

Bei solcher Sachlage wäre es wohl der Machthaber erste Pflicht gewesen, nach dem Friedensschlusse dahin zu wirken, das Land wirtschaftlich und die Bevölkerung geistig zu heben; allein daran war nicht zu denken, denn sowohl der Kaiser Ferdinand lll. (1637—1657) als auch der Fürst Karl Eusebius waren willenlose Werkzeuge der Jesuiten und hatten gleich nach dem Abzuge der Schweden am 21. Juli 1650 aus dem Herzogtume nichts anderes zu tun, als die Ausrottung der Evangelischen im Lande zu vollenden; denn zur Zeit der Anwesenheit der Schweden waren viele Einwohner wieder aus der katholischen Kirche ausgetreten. Ferdinand lll. hob die freie Religionsübung auf, die evangelischen Kirchen auf dem Lande wurden geschlossen und die evangelischen Prediger und Schullehrer aus dem Lande gejagt. Fürst Karl Eusebius zeigte womöglich noch größeren Eifer bei der Verfolgung der Ketzer als der kaiserliche Hof selbst. Schon im Jahre 1651, also gleich nach dem Abmarsch der Schweden richtet er an seinen Landeshauptmann von Jägerndorf ein Schreiben, in welchem er sein Mißfallen ausspricht, daß sich an etlichen Orten Prädikanten aufhalten, welche die Leute zu ihrem Glauben verhalten sollen. Nachdem er als Landesfürst dergleichen nicht dulden könne, so befiehlt er, sie zu verhaften. Im Troppauischen ordnet er sogar an, daß die Waisen der evanlischen Stände den evangelischen Müttern, ohne deren Einwendungen zu berücksichtigen, wegzunehmen und in katholischen Orten zu erziehen seien, indem dies ein sehr gutes und fürtreffliches Mittel zur Bekehrung wäre. Weiters befiehlt er seinen Landeshauptleuten ,den Jesuiten-Missionären jede Amtshilfe zu leisten, dieselben gegen alle Widersetzlichkeiten zu schützen, den ketzerischen Obrigkeiten (evangelischen Ständen) und Untertanen durch Patente zu gebieten, sie aufzunehmen und ihren Predigten, Katechisationen und Messen beizuwohnen.« Trotz der vielfachen Beschränkungen der staatsbürgerlichen Rechte der Evangelischen blieb dennoch die Restauration der katholischen Kirche weit hinter den gehegten Erwartungen zurück. Noch immer fanden sich sogenannte Buschprediger, welche sich in die Fürstentümer einschlichen, die Landleute in dem Glauben ihrer Väter stärkten, und Schulmeister, welche in abseits gelegenen Hütten oder verborgenen Ortlichkeiten die Postille vorlasen. (ein solcher Buschprediger soll sich auch bei Seifersdorf verborgen gehalten haben) Karl Eusebius trägt daher 1670 seiner Regierung auf, sorgsam darüber zu wachen, daß dergleichen Religionsübungen nicht geduldet, die Teilnehmer bestraft und die ketzerischen Prädikanten und Schulmeister verhaftet werden; auch befiehlt er dem Landeshauptmann, sein Augenmerk darauf zu richten, daß die evangelischen Stände nicht heimlicher Weise auf ihren Schlössern ketzerische Religionsübngen halten, Prädikanten und Schulmeister unter anderem Vorwande bei sich beherbergen. Ein andermal untersagt er wieder bei höchster Strafe das Auslaufen der Untertanen nach nicht katholischen Orten und befiehlt sämtlichen Untertanen, daß sie den Religionsunterricht bei den Missionären oder ihren katholischen Priestern zu erhalten haben. Karl Eusebius, der wegen seines Eifers um die katholische Sache wiederholt von Kaiser Ferdinand lll. belobt wurde, starb 1674 ohne sein Ziel ganz erreicht zu haben. In die Zeit seiner Regierung fällt noch ein Ereignis, das zu erwähnen wert ist, nämlich die Einführung der deutschen Sprache als alleinige Verhandlungsprache beim Landrechte. Dieses Verlangen stellten im Jahre 1662 die Stände selbst mit der Begründung, daß die mährische Sprache im Fürstentume nicht mehr gesprochen werde, sondern gänzlich verschwunden sei. Nach Karl Eusebius kam sein gleichgesinnter Sohn

1.9 Johann Adam Andreas Liechtenstein (Regierungszeit 1674—1712)

zur Regierung. Dieser nahm gleich seinen Vorgängern seinen ständigen Aufenthalt in Feldsberg und ließ die Regierungsgeschäfte in unserem Fürstentume durch eineeingesetzte Statthalterei, bestehend aus einem Statthalter, dem Landeshauptmann, dem Kanzler und einigen Räten, besorgen. Unter diesem Fürsten wurde die Gegenreformation mit großem Eifer und viel Härte fortgesetzt und endlich beendet. Die Missionäre hatten in den achtziger Jahren vollauf zu tun, besonders auf den herrschaftlichen Dörfern des Freiherrn Christoph

von Skrbensky auf Gotschdorf, des Baron Trach auf Bransdorf und Gr.-Raaden und jenen des Gutes Branitz. Den nachhaltigsten Widerstand hatten die Missionäre Arnold Engel und Johann Pinter auf der Herrschaft Gotschdorf gefunden. Schon im 16. Jahrhundert hatten die Protestanten auf dieser Herrschaft zwei Kirchen und zwar jene von Neudörfel und von Gotschdorf innegehabt und in den Jahren 1604 und 1605 wurde eine dritte in Hillersdorf mit Vorwissen und Bewilligung des protestantisch gesinnten Herrn Jaroslaw von Skrbensky mit der Bestimmung erbaut, ,,daß diese Kirch und Gemein bei solcher reiner apostolischer christlicher Lehre Augsburgischer Konfession gemäß, darauf diese Kirchen erbauet, sollen verbleiben, erhalten, geschützt und gehandhabt werden. Auch von keiner nachkommenden Obrigkeit, sei sie geistlich oder weltlich in und zu ewigen Zeiten davon nicht gedrungen oder auf andere Religion oder Lehre gezwungen werden.“ (Aus dem Archiv des evang. Pfarramtes in Hillersdorf.)


Gestützt auf dieses Privilegium, lagen die Protestanten auf dieser Herrschaft beruhigt ihren religiösen Übungen ob, bis endlich auch hier die Jesuiten sich einmischten und den Frieden aus diesen stillen Tälern verscheuchten. Von Neudörfel aus, wo der bereits bekannte Pater Arnold Engel sich niedergelassen hatte, wurde die Gegenreformation eingeleitet. Die Kirchen in Neudörfel und Gotschdorf wurden dem evangelischen Gottesdienste entzogen und ein Gleiches geschah 1670 auch mit der von den Evangelischen erbauten Kirche in Hillersdorf. Wohl beschwerten sich die Gemeinden Neudörfel, Kreuzberg, Langendorf, Hirschberg, Hillersdorf und Kuttelberg gegen diesen Gewaltakt und beklagten sich über die lügenhaften Angaben des Pater Engel; allein der Gutsherr Christoph Bernhard von Skrbensky vermochte die Klageführenden gegen, den ausdrücklichen Willen des Kaiser Leopold 1. (1657—1705) nicht zu schützen.

Doch hat sich trotz aller kommenden Drangsale der Protestantismus in diesen Gemeinden bis in die Zeit Kaiser Josef l. erhalten, wo bereits mildere Anschauungen platz griffen und von wo aus später unter der Regierung Kaiser Josef ll. die Wiederbelebung des Protestantismus in unserem Bezirke ausging. Noch ist zur Zeit der Regierung des Fürsten Johann Adam Andreas zu bemerken, daß damals die Türkenkriege auch auf unsern Gegenden schwer lasteten. Die fortwährenden Durchzüge deutscher Hilfsvölker, die dem ungarischen Kriegsschauplatze zueilten, hatten die Fürstentümer Troppau und Jägerndorf vollständig erschöpft. So marschierten z. B. 1685 kurbairische, das Jahr darauf brandenburgische Völker, 1687 schwedische, 1692 dänische Hilfstruppen durch das Land. In demselben Jahre zogen überdies noch 2100 Irländer von Neiße aus über Jauernig, Ziegenhals, Neustadt, Hotzenplotz, Jägerndorf, zwischen Troppau und Freudenthalnach Königsberg, Friedek und Jablunkau. Da überdies die Steuern noch fortwährend erhöht wurden, so kam es soweit daß

das Fürstentum dieselben nicht mehr aufzubringen vermochte.; So sollte zum Beispiel im; Jahre 1707 im Jägerndorfer Herzogtum ein Steuerrest von 4984 Gulden 2 Kreuzer conv.H.M. eingehen, es sind aber nur 221 Gulden 36 Kreuzer einbringlich gewesen. Noch ist von Johann Adam Andreas zu bemerken, daß er die am Rhein zwischen Vorarlberg und der Schweiz gelegenen reichsunmittelbaren Herrschaften Vaduz und Schellenberg von dem Grafen von Hohenembs kaufte, wodurch er in den Reichsgrafenstand eintrat. Er starb 1712 und da er keine männlichen Nachkommen hatte, erlosch mit ihm die Karl'sche Linie der

Liechtensteiner.

Zur Regierung gelangte die Gundakar'sche Linie mit

1.10 Anton Florian Liechtenstein (Regierungszeit 1713- 1722)

der 1713 für sich und zehn Jahre später für seine Nachkommen Sitz und Stimme auf dem deutschen Reichstage erhielt, nachdem 1719 der deutsche Kaiser Karl Vaduz und Schellenberg unter dem Namen eines ,,Fürstentum Liechtenstein« zu einem unmittelbaren Reichslande erhoben hatte. Auch Anton Florian war ein treuer Anhänger und Förderer der katholischen Kirche und als es sich darum handelte, die Minoritenkirche in Jägerndorf zu vergrößern, da ; war er es, welcher namhafte Beträge für diesen Zweck widmete. Fürst Anton Florian regierte bis 1721. Ihm folgte Fürst

1.11 Josef Johann Adam Liechtenstein (Regierungszeit 1722-1728)

In seiner Zeit wurde 1722—1728 die Burgbergkirche erbaut, wozu er das ganze Materiale für den Bau, Holz, Ziegel, Steine usw. gratis bei-stellte. Ihm folgte im Jahre 1732 sein Sohn

1.12 Karl Johann Nepomuk Liechtenstein (Regierungszeit 1728-1748)

mit dem 1748 der Stamm Anton Florians erlosch. Das Majorat und die ämtlichen Herrschaften gingen nun auf

1.13 Josef Wenzel Laurenz (Regierungszeit 1748 -1781)

einen Sohn des Fürsten Philipp Erasmus, der ein Bruder des Anton Florian war, über. Wenzel Laurenz war der verdienstvolle Reformator des österreichischen Artilleriewesens und hat unter der Regierung der Kaiserin Maria Theresia (1740—1780) gelebt. Die schlesischen Kriege, welche die Kaiserin mit Friedrich dem Großen von Preußen führte, haben auch unser Fürstentum zu wiederholten malen hart betroffen und endeten damit, daß von ganz Schlesien bei Dsterreich nur der gebirgige Teil von Neiße, das am rechten User der Oppa liegende Land der Fürstentümer Troppau iund Jägerndorf, das Herzogtum Teschen und die

mährischen Enklaven verblieben. Fürst Wenzel Laurenz starb 1772. Da er keine Kinder hinterließ, so folgte ihm der Sohn seines Bruders Emanuel namens Franz Josef in der Regierung. Auch unter diesem wurde unser Fürstentum von Kriegsübeln heimgesucht. Wieder war es Friedrich der Große, der 1778 im baierischen Erbfolgekriege die Waffen gegen Österreich kehrte. In unserem Lande hausten die Generale Stutterheim, Werner und andere, welche die Bewohner mit Einquartierungen und maßlosen Forderungen bis aufs Blut quälten. Besonders hart mitgenommen wurde die Stadt Jägerndorf, welche im April 1779 zum größten Teil in Flammen aufging. Da das Schloß und die Patronatskirche gleichfalls dem, Brande zum Opfer gefallen waren, so war auch der Fürst zu großem Schaden gekommen.

Franz Josef verschied 1781 und ihm folgte

1.14 Johann Josef Liechtenstein (Regierungszeit 1781-1836)

Dieser zeichnete sich in den französischen Kriegen am Rhein und in Italien durch Tapferkeit aus und schloß 1805 mit Napolen den Frieden von Preßburg. Er starb zu Wien am 20. April 1836. Sein Nachfolger war sein ältester Sohn Fürst

1.15 Alois Josef Johann Liechtenstein (Regierungszeit 1836-1858)

zu dessen Zeit nach den Revolutionsstürmen des Jahres 1848 die Patrimonialgerichtsbarkeit über die Untertanen sowie die Robot aufgehoben und damit der ständischen Verfassung ein Ende bereitet wurde. Als im Jahre 1858 Fürst Alois mit Tod abging, folgte ihm sein Sohn

1.16 Johann ll. von und zu Liechtenstein (Regierungszeit 1858-1918/1929)

der sich durch seinen Kunst- und Wohltätigkeitssinn einen rühmlichen Namen geschaffen hat. Auch Jägerndorf hat niemals für allgemein wohltätige Zwecke, sei es auf dem Gebiete der Krankenpflege, der Schule, der Kirche, ja selbst des Sports etwas unternommen, wozu Fürst Johann, wie aus dem topographischen Teile ersichtlich ist, nicht namhafte, freiwillige Beiträge geleistet hätte.

Nach dem ersten Schlesischen Kriege, der mit dem Frieden von Breslau am 11. Juni 1742 endete, verblieben von Schlesien bei Österreich nur die am rechten Ufer der Oppa liegenden Landstrecken der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf, der gebirgige Teil des Fürstentums Neiße und das Herzogtum Teschen mit einem Flächenausmaß von nur 514753 lim? und einer damaligen Gesamtbevölkerung von 250.000 Einwohnern. Für diesen restlichen Teil Schlesiens errichtete Maria Theresia das königliche Amt in Troppau als LandesGubernium, welchem die politischen Landesangelegenheiten übertragen wurden. Kaiser Josef ll. hob jedoch mit Hofdekret vom 20. Juni 1782 das königliche Amt in Troppau auf und wies dessen Geschäfte dem mährischen Gubernium in Brünn zu, so daß der Landeschef von Mähren auch zugleich jener von Schlesien war. Bei der hierauf vorgenommenen Einteilung Mährens und Schlesiens in acht Kreise, entfielen auf Mähren sechs, auf Schlesien zwei, der Troppauer und Teschner Kreis. Jedem dieser Kreise wurde ein Kreisamt vorgesetzt, das für den Troppauer Kreis bis zum Jahre 1793 in Jägerndorf, von da an in Troppau seinen Sitz hatte. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Weltordnung neu gestaltet – Jägerndorf war nun Teil des tschechischen Staates.

Auch auf dem Gebiete des Rechtswesens führte Kaiser Josef ll. eine Änderung ein, indem er Schlesien, welches zur böhmischen Appellationskammer gehörte, dem mährischen Tribunal als der Behörde zweiter Instanz für alle Rechtssachen zuwies.

Die Rechtsangelegenheitensder Stände ordnete ein fürstliches Amt, das unter Josef ll. in ein adeliges Gericht als Landrecht umgewandelt wurde, welches zu Richtern außer dem Landeshauptmann zwei ständische Assessoren und zwei oberste Landesoffiziere als Beisitzer zählte. Nach dem Ableben Josef ll; 1790 wandten sichdie schlesischen Fürsten und Stände an seinen Nachfolger Kaiser Leopold ll. und. baten um Wiedererrichtung einer eigenen schlesischen Landesregierung; allein Leopold willfahrte dem Wunsche nicht, verfügte aber, das jene schlesischen Landesteile wie Odrau, Wagstadt und Wigstadtl, welche bis zur Mohra und Oder dem mährischen Kreise Prerau zugeteilt worden waren, wiederum mit Schlesien vereinigt wurden.Kaiser Leopold ll., während dessen Regierungszeit in Frankreich die Revolutionherrschte, starb schon zu.Beginn des Jahres 1792. Ihm folgte sein ältester Sohn

Franz ll. (1792-1835). Dieser im alteuropäischen Geiste erzogene Habsburger war ein Feind der Aufklärung und stand als solcher auch den Neuerungen, welche die französische Republik im Bölkerleben durchzuführen bestrebt war, feindlich gegenüber, was sowohl ihn wie auch noch andere europäische Potentaten in einen langjährigen Krieg mit der französischen Republik und dem Kaiser Napoleon l. verwickelte, der zum allmählichen Verfall des deutschen Reiches führte und Franz ll. nach der Gründung des Rheinbundes 1806 veranlaßte, die deutsche Kaiserwürde niederzulegen, nachdem er schon zwei Jahre vorher (11. August 1804) als Franz l. den Titel eines Erbkaisers von Österreich angenommen hatte.

Doch noch weitere 9 Jahre lang kamen die Waffen nicht zur Ruhe; denn Napoleon wollte seinem ungestillten Ehrgeize folgend sich zum Herrscher von ganz Europa emporschwingen. In den Jahren 1806 und 1807 gelang es ihm Preußen niederzuringen und dasselbe auf ein verhältnißmäßig nur geringes Landgebiet zu beschränken. Ein gleiches Geschick war nach der Schlacht bei Wagram im Frieden von Wien Österreich im Jahre 1809 beschieden, in welchem es nicht weniger als 2000 Quadratmeilen mit 3 kg Millionen Einwohnern abzutreten gezwungen war. Erst als es dem größtenteils geeinten Europa gelungen war, Napoleon nach dem mißlungenen Kriegszuge nach Rußland im Jahre 1812 in der Völkerschlacht bei Leipzig am 16. und 18. Oktober 1813 zu besiegen und ihn unter blutigen Kämpfen bis Paris zurückzudrängen, sah sich dieser, weil der französische Senat ihn und seine Familie des Thrones verlustig erklärt hatte, gezwungen, seiner Kaiserwürde zu entsagen und sich nach der Ins el Elba zu begeben, die ihm zu seinem Unterhalt angewiesen worden war.

Aus dem darauf in der Zeit vom 29. September 1814 bis 9. Juni 1815 tagenden Kongresse in Wien, auf welchem die Neugestaltung Europas festgelegt wurde, erhielt Österreich die illyrischen Provinzen (als Königreich Illyrien und Dalmatien), Oberitalien bis zum Po und Tessino (das lombardisch-venetianische Königreich), Salzburg und Tirol, sodaß der Kaiserstaat eine treffliche Abrundung seines Gebietes im Ausmaß von 12.152 Quadratmeilen erfuhr.

An Stelle des deutschen Reiches trat der deutsche Bund, bestehend aus 38 deutschen Staaten, welche zur Beratung gemeinsamer Angelegenheiten ihre Gesandten zu einem immerwährenden Bundestage in Frankfurt am Main vereinten, sonst aber vollkommene Souverenität und Unabhängigkeit genossen. Österreich gehörte mit den altösterreichischen und böhmischen Kronländern mit zu diesem Bunde, dem in der Bundesversammlung der Vorsitz eingeräumt wurde. (Auch Gesandte aus österr. Schlesien waren auf dem Bundestage in Frankfurt vertreten, unter andern im Revolutionsjahr 1848 der Jägerndorfer Industrielle Florian Göbel, der in der Zeit von 1850—1864 als Bürgermeister von Jägerndorf sich im Waldprozeß gegen die Großbürger um die Stadtgemeinde große Verdienste erworben hat.)


Als Napoleon noch während der Tagung des Kongresses die Insel Elba verlassen hatte und sich durch einen kühnen Handstreich wieder zum Herrscher Frankreichs machte, erneuerten die in Wien versammelten Vertreter der verbündeten Staaten ihre Allianz und machten am 18. Juni 1815 in der Schlacht bei Waterloo seiner Regierung für immer ein Ende. Er wurde nach der Insel St. Helena gebracht, wo er in der Verbannung am 5. Mai 1821 starb.

Kaiser Franz, der in Österreich noch bis 1835 regierte, war ein Feind aller Neuerungen und Gegner jeglichen Fortschrittes. Wohl wollte er der Vater seiner Untertanen sein, aber im Sinne eines patriarchalischen Absolutismus, der durch scharfe Bevormundung und Absperrung sich stummen Gehorsam sicherte. Freiwillige Hingebung selbstbewußter Bürger war ihm verhaßt und paßte nicht in sein System. Er war jeder Veränderung im Staatsleben abhold und es blieb in Österreich nach den Worten des Kaisers alles beim Alten. Daß diese Stabilität des Reiches vor jedem störenden Lufthauche gesichert bleibe, dafür sorgte der Staatskanzler Fürst Metternich, der Hauptvertreter der damaligen reaktionären Politik, der auch die Nachbarstaaten tief beeinflußte und fast ganz Europa beherrschte. Kaiser Franz starb 1835, ihm folgte in der Regierung sein Sohn Ferdinan d l. (1835 - 1848)

unter dessen Zeit das Metternich'sche System in Österreich noch weiter bestehen blieb, was bei allen Nationen, die innerhalb der Grenzen dieses Staates wohnten tiefe Erbitterung hervorrief, die endlich in Wien in den Märztagen des Jahres 1848 zur Revolution führte, welche sich gegen Metternich und dessen brutales, blindwütendes Werkzeug, den Präsidenten der Polizeihofstelle, den Grafen Josef Sedlnitzky richtete, welche beide: Metternich am 13. März, Sedlnitzky am 16. März zurücktreten mußten, worüber in Wien und in den Provinzen großer Jubel herrschte. Am 25. April wurde im Namen des Kaisers eine Verfassung für die westliche Reichshälfte veröffentlicht und darauf die Wahlen zu einem Reichstag vorgenommen, der am 22. Juli von Erzherzog Johann in Wien eröffnet, aber später (15.November) nach Kremsier verlegt wurde.

Als Kaiser Ferdinand regierungsmüde am 2. Dezember 1848 zu Gunsten seines Neffen Franz Josef abgedankt hatte, kam dieser 18 Jahre alt als Kaiser Franz Josef l. (1848-1916) zur Regierung. Da das damals amtierende Ministerium Fürst Schwarzenberg mit dem in Kremsier tagenden Parlamente sich nicht zu verständigen vermochte, wurde dieses aufgelöst, worauf der Kaiser am 4. März 1849 seinem Staate eine neue Reichsverfassung aufzwang, die allen Volksstämmen der Monarchie die Gleichberechtigung und den einzelnen Kronländern die Selbständigkeit zusicherte.

Sie hob die ständischen Verfassungen auf und überantwortete alle Landesangelegenheiten dem Landtage. Das alte Landrecht, die Patrimonialgerichte und städtischen Kriminalgerichte verschwinden im Jahre 1850 und an ihre Stelle treten die landesfürstlichen k. k. Justiz- und politischen Behörden. Da mit a. h. Entschließung vom 4. August 1849 jedes Kronland eine eigene Statthalterei haben sollte, Schlesien aber seit 1782—1849 dem mährischen Gubernium in Brünn unterstellt war, so wurde der Troppauer Kreis (inkl. der mährischen Enklaven) und der Teschner Kreis von Mähren ausgeschieden und erhielt als Herzogtum Nieder- und Oberschlesien eine eigene Statthalterei mit dem Amtssitze in Troppau, der 7 politische Bezirke unterstellt wurden (Bielitz, Freiwaldau, Freudenthal, Friedek, Jägerndorf, Teschen und Troppau mit 574 Ortsgemeinden und 438.586 Einwohnern). Als Vorstände dieser politischen Bezirke fungierten Bezirkshauptleute, die als unterste politische Behörde unmittelbar mit den auf Grund des provisorischen Gemeindegesetzes vom 17. März 1849 gewählten Gemeindevorständen (Bürgermeistern) in amtlichen Verkehr traten. Da die Amtsübergabe der politischen Agenden seitens der Patrimonial- und Kommunalgerichte am 1. Jänner 1850 an die neuen politischen Behörden erfolgte, so begann damit an diesem Tage deren Amtswirksamkeit sowie auch jene der gewählten Amtsvorstände. Im Jahre 1850 wurden in Mähren und Schlesien auch die neuen landesfürstlichen Gerichte aktiviert. Am 1. Mai das Oberlandesgericht in Brünn; alle übrigen Gerichte, unter andern auch das Landesgericht in Troppau, das Kreisgericht in Teschen, die Bezirks-Kollegialgerichte und Bezirksgerichte aber erst am 1. Juli 1850, mit welchem Zeitpunkte die Wirksamkeit der Patrimonial- und Kommunalgerichte, politischen Obrigkeiten, Magistrate und Kreisämter erlosch.

Was speziell den politischen Bezirk Jägerndorf betrifft, der 9.95 Quadratmeilen umfaßte und in 74 Ortsgemeinden 59.875 Einwohner zählte, so wurden im Jahre 1850 im Umfange desselben ein Bezirks-Kollegialgericht in Jägerndorf und je ein Bezirksgericht in Hotzenplotz und Olbersdorf errichtet, die Bezirksrichter zu Amtsvorstehern hatten.

In der Zeit der Reaktion in den fünfziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts jedoch erlebte auch die Verwaltung unseres Kronlandes große Veränderungen, was die Entwicklung des Landes auf Jahre hinaus hemmte. Unter dem Ministerium Bach wurde mit Ministerialerlaß vom 19. Jänner 1853 die schlesische Statthalterei aufgehoben und in eine Landesregierung unter dem Vorsitze eines Landespräsidenten umgewandelt und mit Ministerialerlaß vom 12. März 1855 die Bezirksgerichte als Rechtsbehörden 1. Instanz und die Bezirkshauptmannfchaften als unterste Verwaltungsbehörden aufgelöst und an deren Stelle die sogenannten landesfürstlichen Amter eingeführt, denen wie zur Patrimonialzeit sowohl die politische Verwaltung als auch die Justizpflege vom Staate übertragen wurde. Solche Bezirksämter gab es im Umfange unseres heutigen politischen Bezirkes in Jägerndorf, (Jägerndorf nimmt unter den genannten Bezirksgerichten als Bezirkskollegialgericht den ersten Rang ein; denn diesem wurden eine entsprechende Anzahl geprüfte Richter als Assessoren entweder zur Entscheidung oder Voruntersuchung zugewiesen. Zum Bezirkskollegiengerichte oder Voruntersuchungsgerichte in Jägerndorf gehörten die Bezirksgerichte Olbersdorf, Hotzenplotz, Freudenthal und Bennisch.)

Olbersdorf und Hotzenplotz, die in 106 Konskriptionsgemeinden 64.265 Einwohner zählten, von denen auf die mährische Enklave Hotzenplotz 28.482 entfielen. Die Verordnungen des Ministers des Innern vom 6. Juni und 31. Oktober 1860 hoben mit Beziehung auf das kaiserliche Handschreiben vom 4. Mai die schlesische Landesregierung vom 15. November an auf und unterordneten Schlesien wieder hinsichtlich der Administration der mährischen Statthalterei in Brünn, jedoch mit dem Vorbehalte, daß dem Lande s seine Stellung als Kronland des Reiches mit einer besonderen Landesvertretung gewahrt bleibe. Diese Verbindung mit Mähren war jedoch nur von kurzer Dauer; denn schon mit a. h. Handschreiben vom 29. März 1861 wurde die Errichtung einer selbständigen Landesbehörde für Schlesien mit dem Amtssitze in Troppau und der unmittelbaren Unterordnung unter die Ministerien abermals anbefohlen und seither wirkt ununterbrochen bis zum heutigen Tage die Landesregierung mit dem Landespräsidenten an der Spitze. Auch die zur Zeit der Reaktion eingeführten Bezirksämter wurden wieder ausgelassen und man aktivierte an deren Stelle mit Ministerialverordnung vom 31. August 1868 wieder die Bezirkshauptmannschaften als politische unterste Verwaltungsbehörden und überließ die Justizpflege den Bezirksämtern, die den Titel k. k. Bezirksgerichte annahmen und als solche in Westschlesien dem Landesgerichte in Troppau auch fernerhin unterstellt blieben. .

Von Wichtigkeit für unsere Heimat war das Jahr 1866, in welchem Österreich-Ungarn wegen der Schleswig-Holstein-Frage mit Preußen in Zwist geriet, der schließlich zum Kriege führte. Schon am 16. Juni rückten preußische Truppen in Sachsen und am 27. Juni in Böhmen ein, wo der österreichische General von Benedek mit einem Heere von 250.000 Mann stand, dem der König von Sachsen noch 30.000 Mann zuführte. Die österreichischen Vortruppen wurden zurückgedrängt und schon am 3. Juli kam es bei Königgrätz zur Entscheidungsschlacht. Die Österreicher und Sachsen wurden besiegt und räumten in wilder Flucht das Schlachtfeld, von den siegreichen Gegnern hartnäckig verfolgt.

Schon am 22.. Juli 1866 trat Waffenstillstand ein, dem am 28. Juli der Abschluß des Vorfriedens in Nikolsburg und am 23. August der endgültige Frieden von Prag folgte.

Durch diesen Vertrag wurde Österreich aus dem deutschen Bunde ausgeschlossen.

Der Kampf gegen Italien im gleichen Jahre war sowohl zu Lande als auch zu Wasser erfolgreich. Österreich wurde im Frieden von Prag dennoch verpflichtet, Venetien abzutreten. Der Verlust Venetiens wurde im Jahre 1878 durch die Okkupation Bosniens und der Herzegowina wohl wettgemacht, hat aber gleichzeitig dem Staate die Feindschaft der Südslaven eingetragen und die Zahl der inneren Feinde der alten Habsburger-Monarchie vermehren helfen.

Am 5. Juli waren die Preußen auch in unser Gebiet eingerückt und hatten dasselbe mit Landwehrtruppen besetzt. Durch häufige Requisitionen machten sich die Gäste unangenehm bemerkbar. Im Gefolge des Krieges brach die Cholera aus, der in Jägerndorf 179, in Marienfeld 5, in Mösnig 1, in Komeise 10 und in Taubnitz 2 Personen erlagen.

Die Bezirkshauptmannschaft Jägerndorf mit dem Amtssitze in Jägerndorf umfaßt die ehemaligen Bezirksamtssprengel Jägerndorf, Olbersdorf und Hotzenplotz. Der seinerzeit bestandene Amtsbezirk Hotzenplotz ist eine mährische Enklave, für welche die mährischen Landesgesetze Geltung hatten; so ist auch jetzt das Schulwesen dieses Teiles der Bezirkshauptmannschaft nicht dem schlesischen, sondern dem mährischen Landesschulrate in Brünn unterstellt. Der Jägerndorfer Schulbezirk beschränkt sich daher nur auf die Gebiete der beiden schlesischen Gerichtsbezirke Jägerndorf und Olbersdorf.

Leiter der k. k. Bezirkshauptmannschaft Jägerndorf in der Zeit der konstitutionellen Ara von 1868 bis zum katastrophalen Zusammenbruche der Monarchie im November 1918 waren folgende Bezirkshauptmänner im Einsatz

1868 - 1873 Johann Schittenberger,

1873 - 1886 Julius Krch,

1886 - 1891 P Othmar Herzig,

1892 - 1896 Dr. Edmund von Marenzeller,

1896 - 1899 Arthur Jirasek,

1899 - 1906 Albert Ritter v.Putzer-Reybegg,

1906 - 1915 Jul. Frh.v.Gotter Nesti-Ferrari,

während dessen Amtswirksamkeit der folgenschwere Weltkrieg mit Beginn des Monats August 1914 seinen Anfang nahm und nach einer mehr denn vierjährigen Dauer für die mitteleuropäischen Staaten so verhängnisvoll endete.

Nach Versetzung des Freiherrn von Gotter als Referent der schlesischen Landesregierung nach Troppau wurde der k. k. Regierungskommissär Dr. Rudolf Bastel v. Bastlingen zum Leiter der k. k. Bezirkshauptmannschaft bestellt, der als solcher alle Erschwernisse und Komplikationen, die dieser erschreckend blutige Krieg auch im Hinterlande unter andern insbesondere in der Volksernährungsfrage veNursachte, bis zum vollständigen Zusammenbruche der Habsburger Monarchie im November 1918 durchzumachen gebunden war.

In der Zeit der konstitutionellen Regierungsform in Österreich von 1868 - 1918 nahmen selbstverständlich die Bewohner unseres politischen Bezirkes an allen Rechten teil, welche dieselbe den Staatsbürgern einräumte. Sie entsendeten ihre gewählten Vertreter in den Reichsrat mit dem Sitze in Wien wie in den Landtag nach Troppau. Die Wahl in den letzteren erfolgte nach Kurien und zwar sind aus dem schlesischen Anteil des Jägerndorfer politischen Bezirke zwei Abgeordnete in die Landesvertretung entsendet worden dje einer aus den Kurien der Städte und der Landgemeinden. Die Wahlberechtigung war an eine direkte Steuerleistung von jährlich 10 Kronen gebunden.

Die Besitzer von landtäflichen Gütern in unserem Bezirke wählten in der Kurie der schlesischen Großgrundbesitzer, die von den 30 Landtagsabgeordneten neun Vertreter in den Landtag entsendeten. In der Zeit von 1911 - 1918 vertrat im schlesischen Landtage die Städte Jägerndorf und Olbersdorf der Landtagsabgeordnete Richard Andratschke, Fachlehrer in Jägerndorf und die Landgemeinden der Abgeordnete Hans Kudlich, Grundbesitzer in Lobenstein.

Die Wahl in den Reichsrat geschah nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechte, das mit Gesetz vom 26. Jänner 1907 im österreichischen Staate eingeführt wurde. Die Wahl wurde nach Städte- und Landgemeinde-Wahlkreisen vorgenommen. Es wählten die Städte Jägerndorf, Freiwaldau, Engelsberg, Friedeberg, Jauernig, Olbersdorf, Weidenau, Würbenthal und Zuckmantel einen Abgeordneten, desgleichen die Landgemeinden der Gerichtsbezirke Jägerndorf, Olbersdorf und Zuckmantel, außerdem Kreuzendorf, Skrochowitz und Lodnitz aus dem Troppauer Bezirke, welche zusammen den achten schlesischen Wahlkreis bildeten. Der letzte Vertreter der Städte war in der Zeit von 1907—1918 der Reichsratsabgeordnete Heinrich v. Oberleitner, Großindustrieller aus Mähr.-Schönberg und jener der Landgemeinden von

1911 - 1918 der Grundbesitzer Hans Kudlich aus Lobenstein. (Bemerkt sei hier, daß der Jägerndorfer Landgemeindewahlkreis in der Periode 1907-1911 von dem sozialdemokratischen Abgeordneten Tuppy vertreten war und der Städteabgeordnete Oberleitner bei der im Jahre 1911 vorgenommenen Wahl nur mit sehr geringer Majorität gegen den Sozialdemokraten Czech gewählt worden ist.)

Beide Abgeordnete gehörten dem deutschen Nationalverbande an. Mit dem Zerfall

des österreichischen Staates erloschen auch die Reichsrats- und Landtagsmandate, deren gesetzliche Funktionsdauer von sechs Jahren mit dem Jahre 1917 bereits überschritten war.